Kritik an Blatter: Wenn der Franz mit dem Sepp jodelt
Großen Männern werden im allgemeinen Denkmäler gesetzt. Oder es werden ihnen zu Ehren Veranstaltungen benannt. So auch in der Schweiz, wo die Eidgenossen das Sepp-Blatter-Turnier ins Leben gerufen haben, genauer gesagt seine Kantonsbrüder aus dem Wallis.
Nun ist das Sepp-Blatter-Turnier nicht grade eine Event von weltweiter Strahlkraft, sondern ein Kinderfussballturnier. Dennoch Grund genug für den Sonnenkönig der FIFA, andere Monarchen zum Betrachten seiner Festspiele einzuladen, so auch den Kaiser aus Bayern, Franz Beckenbauer. Bei Raclette und einem Gläschen Fendant gaben die beiden der Schweizer Boulevardzeitung “Blick” ein sogenanntes “Doppelinterview”. Somit war schon vor dem Lesen klar, dass man aus dem journalistischen Frage-Antwort-Spiel keinen kritischen Informationsgewinn ziehen können würde. Denn wer fährt seinem Gastgeber schon vor laufendem Diktiergerät verbal an den Karren. Nach dem Lesen des Interviews stand fest: der Kaiser bestimmt nicht.
“Blatter ist der beste Präsident”
Doch was der Kaiser zum Besten gab, waren nicht bloss ausweichende Antworten zu den Machenschaften der FIFA im Allgemeinen bzw. von Sepp Blatter im Speziellen, sondern Lobhudeleien über den streitbaren Präsident des Weltfussballverbandes. “Blatter ist der beste Präsident” konnte man dort lesen. Und: “Die FIFA erlebt die beste Zeit Ihrer Geschichte, stand noch nie besser da”.
Beckenbauer orakelte, dass bei einer Abstimmung 99% aller 209 FIFA-Mitgliedsverbände dem aktuellen Präsidenten das Vertrauen aussprechen würden und Deutschland mit vier, fünf anderen Ländern als Blatter-Kritiker eine absolute Aussenseiterrolle zukäme. Und wahrscheinlich hat Beckenbauer damit sogar nicht ganz unrecht. Doch die Frage, bei wievielen Verbandsvertreter Blatter sich die Unterstützung durch grosszügige finanzielle Gefälligkeiten gesichert hat, stellt Beckenbauer nicht.
So steht am Ende ein Interview, dass in puncto Inforrmationsgehalt auf einer Zehnerskala nicht nur bei -1 landet, sondern Sepp Blatter auch die Gelegenheit gibt, sich im Glanze der Deutschen Lichtgestalt zu sonnen und dank dessen anbiedernder Aussagen in der Sympathiewahrnehmung der Schweizer Öffentlichkeit wieder ein wenig nach oben zu klättern. Will man etwas positives für sich mitnehmen, dann die Gewissheit, dass der gemeine Eidgenosse sehr reflektiert und Obrigkeiten gegenüber traditionell kritisch ist. Und so wird er dieses “Leckerli”, wird es ihm noch so sehr angeboten, nicht schlucken.
Schon interessant, dass die beiden Herren die finanzielle Lage der FIFA als Bewertungsmaßstab für Blatters Arbeit heranziehen. Der Berlusconi-Konzern und die Mafia machen übrigens auch gute Umsätze…
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