Viagogo watch: Maßnahmen gegen unzulässige Buchungsgebühr eingeleitet

Nils 22. Januar 2014
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Letzte Woche haben wir darüber berichtet, wie ein Ticketkauf bei Viagogo funktioniert und dabei festgestellt, dass im Verlauf des Kaufprozesses zum anfangs angezeigten Preis noch einiges aufgeschlagen wird (Mehrwertsteuer, Ticketgarantie, Kundenservice und Versandkosten).

Als Reaktion auf unseren Artikel meldeten sich andere irritierte Nutzer des Ticketportals. Unter anderem bekamen wir den Hinweis auf einen weiteren Selbstversuch, der fast in einem Handgemenge endete.

Das Geschäftsmodell „Viagogo“ an sich

Das Geschäftsmodell von Viagogo, einen offiziellen Schwarzmarkt zu betreiben, ist für sich genommen rechtlich zulässig. Es ist letztendlich eine politische Entscheidung der Bundesligavereine, den Handel mit verteuerten Tickets zu gestatten oder nicht. Zur Zeit tolerieren ihn viele Bundesligavereine und manche unterstützen ihn sogar aktiv, indem sie Viagogo eigene Ticketkontingente einräumen. Unser Missfallen an diesem Geschäft zu Lasten der Fans haben wir bereits ausführlich begründet – ändern können daran momentan leider nichts (Anmerkung eines Lesers: Zumindest Borussia Mönchengladbach wehrt sich aktiv; Verkaufsangebote können unter ebay@borussia.de gemeldet werden).

Fehlende Preistransparenz verstößt gegen PAngV

Woran wir aber etwas ändern können, ist die Ausgestaltung des Ticketportals, soweit sie gegen geltendes Recht verstößt. Und solch ein Rechtsverstoß findet sich in der Verschleierung des Gesamtpreises durch verzögertes Hinzuaddieren von Mehrwertsteuer und Buchungsgebühr. Für diese Feststellung genügt ein kurzer Blick in die Preisangabenverordnung. Darin verlangt § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV:

 „Wer Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig […] Waren oder Leistungen anbietet […], hat die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise).“

Viagogo verstößt gegen diese Vorschrift, indem Mehrwertsteuer und Buchungsgebühr in die anfangs aufgelisteten Preise nicht einbezogen und erst im späteren Kaufprozess hinzuaddiert werden. Ganz offensichtlich möchte man dem Nutzer solange wie möglich vorenthalten, welche Mondpreise am Ende entstehen.

Passende Rechtsprechung zu Flugpreisen

Entsprechende Gerichtsentscheidungen sind bereits gegen die Preisangaben von Flugvermittern ergangen. So urteilte zum Beispiel das OLG Dresden (Urteil vom 17.08.2010, Az. 14 U 551/10):

„Ein Vermittler von Flugdienstleistungen ist verpflichtet, die von ihm erhobene Servicegebühr in den Endpreis einzurechnen, wenn sie für den Kunden bei Buchung des Fluges unvermeidbar ist.“

Bereits daraus wird deutlich, warum Liefer- und Versandkosten erst später hinzugerechnet werden dürfen: Ihre Höhe hängt meist von der Anzahl der bestellten Waren oder vom Gesamtkaufpreis ab, so dass sie erst am Ende tatsächlich feststehen. Die von Viagogo erhobene Buchungsgebühr fällt jedoch immer in vorhersehbarer Höhe an, da die Leistungen „Ticketgarantie“ & “Kundenservice“ allein vom Grundpreis abhängen und nicht optional sind. Ebenso natürlich die Mehrwertsteuer, die stets von Anfang an in den Endpreis eingerechnet werden kann und deshalb nach § 1 Abs. 1 PAngV auch muss.

Viagogo handelt wettbewerbswidrig

Viagogo verstößt also gegen § 1 Abs. 1 PAngV. Dieser Rechtsverstoß bedeutet gleichzeitig eine Verletzung des Wettbewerbsrechts, indem der Tatbestand des § 4 Nr. 11 UWG erfüllt ist, was uns zu einer sehr interessanten Rechtsfolge führt: Viagogo kann gemäß § 8 Abs. 1 UWG auf Unterlassung in Anspruch genommen – also „abgemahnt“ – werden.

Wettbewerbszentrale kann Viagogo abmahnen

Allerdings steht dieser Anspruch nicht jedem zu. Gemäß § 8 Abs. 1 UWG dürfen grundsätzlich nur Wettbewerber gegen den Rechtsverletzer vorgehen. Da das UWG neben dem Wettbewerb auch den Verbraucher schützen soll, räumt das Gesetz jedoch auch Verbraucherschutzverbänden eine Aktivlegitimation ein (Abs. 3). Heißt auf deutsch: Verbraucherschutzverbände können UWG-Verstöße wie den von Viagogo abmahnen.

Wir werden berichten

Deshalb haben wir heute die Wettbewerbszentrale in Bad Homburg eingeschaltet. Wir verstehen uns dabei als Anwalt aller Fans, die ein Interesse daran haben, die künstliche Erhöhung der Ticketpreise einzudämmen. Über den weiteren Fortgang werden wir berichten, hier unser heutiges Schreiben an die Wettbewerbszentrale:

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