Verteilung der TV-Gelder nach Einschaltquoten statt nach Tabellenplatz

Nils 10. Januar 2016
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Die Verteilung der Fernsehgelder im deutschen Profifußball ist genauso umstritten wie der Länderfinanzausgleich. Müssen die wirtschaftlich Schwachen noch mehr bekommen? Oder werden die finanzstarken Leistungsträger schon über Gebühr belastet? Und vor allem: Wonach sollte sich eine gerechte Verteilung bemessen?

Zentralvermarktung vs. Einzelvermarktung

Die Fernsehrechte für die 1. und 2. Bundesliga werden zentral durch die DFL vermarktet. Das heisst, anders als in der spanischen Primera Division, in der jeder Club selbst seine Rechte verkauft, werden die Übertragungsrechte der Bundesliga national wie international im Paket verkauft, so dass die Einnahmen dann ausgeschüttet werden müssen.

Auch dieses Modell steht in der Kritik, vor allem Bayern-Präsident Kalle Rummenigge würde sich von der Einzelvermarktung deutliche Mehreinnahmen für seinen Club versprechen (ca. 200 statt nur 50 Mio. Euro pro Jahr). Dass das eine Milchmädchenrechnung ist, weil an einem noch stärkeren Auseinanderdriften der wirtschaftlichen Verhältnisse in der Bundesliga letztendlich auch der FC Bayern Schaden nehmen würde, haben wir bereits ausführlich dargelegt.

Bundesliga vs. Premier League

Bleiben wir also bei der Zentralvermarktung. Für die laufende Saison 2015/16 wird die DFL insgesamt 850 Millionen Euro an die 36 Clubs der 1. und 2. Bundesliga ausschütten. Den Löwenanteil machen rund 700 Millionen Euro für die Fernsehrechte in Deutschland aus. Die restlichen 150 Millionen für internationale Übertragungen sind damit noch vergleichsweise unbedeutend, aber nach einer Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahr immerhin stark wachsend. Diese Zahlen im Vergleich: Die Premier League (ebenfalls zentral vermarktet) kassiert rund 2,3 Millarden Euro pro Jahr für den Verkauf der nationalen und ca. 850 Millionen Euro für die internationalen Ausstrahlungsrechte. Insgesamt also etwa das 3,7fache.

Das bekommen die Vereine der 1. und 2. Bundesliga

Die Verteilung der nationalen TV-Gelder in Deutschland richtet sich nach den Tabellenplatzierungen in den vergangenen fünf Jahren. Vom gesamten Topf gehen 80% an die 1. Bundesliga und 20% an die 2. Liga. Für diese Saison sieht die Verteilung wie folgt aus (Quelle: kicker online):

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Die internationalen Fernsehgelder werden zu gleichen Teilen an die Vereine verteilt, die in den letzten fünf Jahren international gespielt haben. Dieses Jahr bekommen 11 Clubs jeweils 2,5 Millionen Euro.

Traditionsvereine denken an Umverteilung

Laut SZ (“Die Angst der Traditionsvereine vor den Verdrängern“) bildet sich – zunächst noch im Hintergrund – eine Koalition der Traditionsvereine, die eine dauerhafte Verdrängung durch die RB Leipzigs dieser Welt fürchten und die deshalb andere Faktoren als Kriterien als Erfolg für die Ausschüttung der TV-Gelder einführen wollen: Anhängerzahl, Zuspruch, Beliebtheit oder Einschaltquoten werden genannt. Auch Sky soll dem nicht abgeneigt zu sein.

So wäre die Verteilung nach Einschaltquoten

Wenn man nur nach den Einschaltquoten von Sky gehen würde, hätte man folgende Rangfolge an den Geldtöpfen (Grafik aus der SZ):

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Man könnte dann auch die 80/20-Verteilung zwischen 1. und 2. Bundesliga aufheben, so dass ein Zweitligist durchaus mehr von den Fernsehgeldern bekommen könnte als ein Erstligist – wenn er höhere Einschaltquoten erzielt.

Einschaltquoten wären der gerechtere Schlüssel

Je nach Vereinsbrille wird man eine Verteilung in diesem Verhältnis gut oder schlecht finden. Objektiv sprechen starke Argumente für eine reine Orientierung an den Einschaltquoten. Zunächst sind sie die unmittelbare Maßeinheit für die gesammelten TV-Gelder und damit der gerechtere Schlüssel. In der Hinrunde zum Beispiel hat Darmstadt 98 mehr TV-Zuschauer angelockt als Bayer Leverkusen. Trotzdem wird die Werkself vom Rhein diese Saison fast doppelt soviel Fernsehgelder kassieren wie die Aufsteiger vom Böllenfalltor. Gerecht ist das nicht.

Und auch als Steuerungsinstrument wäre eine Quotenorientierung von Vorteil: Nicht unbedingt erfolgreiche Vereine sollten stärker gefördert und damit langfristig erhalten werden, sondern die Clubs, die die meisten Leute sehen wollen.

Ein Verteilungsschlüssel nach Einschaltquoten wäre endlich eine echte Berücksichtigung der Interessen der Fans!