BVB-Marketingchef Carsten Cramer im Interview: “Es muss Kanäle geben, in denen die Fans ihrer Meinung freien Lauf lassen”

Tim 14. März 2014
Carsten Cramer, Borussia Dortmund

Er ist der Mann hinter dem Slogan “Echte Liebe” und oberster Markenhüter des BVB: Carsten Cramer, Vertriebs- und Marketingchef von Borussia Dortmund. Am Rande der Veranstaltung “Online Marketing Rockstars” haben wir Carsten Cramer interviewt und von ihm erfahren, wie der BVB die Herausforderungen in der digitalen Welt meistert.

 

STEHPLATZHELDEN: OnlineMarketing und Fußballvereine sind zwei Dinge, die man eher selten zusammen hört. Was bedeutet OnlineMarketing für Borussia Dortmund?

CARSTEN CRAMER: OnlineMarketing hat für uns eine zweigeteilte Funktion: Zum einen bietet das Netz zusätzliche Plattformen, um Menschen zu erreichen, die man nicht über das Stadionangebot erreichen kann. Zum anderen eröffnet uns Online-Marketing die Möglichkeit, mit Menschen in eine intensive Fanbeziehung einzutreten, die über andere Kanäle so nicht aufgebaut werden kann. OnlineMarketing steht also nicht im Widerspruch zu den Zielen eines Fußballvereins, sondern bietet neue Möglichkeiten der Beziehungspflege.

STEHPLATZHELDEN:  Wurden die digitalen Medien zu lange von den Bundesligaklubs vernachlässigt?

CARSTEN CRAMER: Ich würde das gar nicht werten. Insgesamt befinden wir uns im Sport sicher eher noch in den Anfängen der digitalen Vermarktung, wenn ich das mit anderen Branchen vergleiche. Innerhalb des Fußballs bzw. der Bundesliga sehe ich uns als BVB aber recht gut aufgestellt.

STEHPLATZHELDEN: Welche Bedeutung haben soziale Medien im Marketing des BVB?

CARSTEN CRAMER: Social Media hat eine sehr hohe Relevanz, weil uns die sozialen Plattformen einen direkten Rückkanal zu jedem einzelnen Fan bieten. Für uns ist dabei generell wichtig, dass wir so viele Menschen, so intensiv und so individuell ansprechen wie möglich. Was diesen Punkt angeht,  bietet die digitale Welt wesentliche Vorteile. Insbesondere in puncto Geschwindigkeit und Internationalisierung.

STEHPLATZHELDEN:  Wenn für den Club Internationalisierung eine wichtige Rolle spielt, gibt es beim BVB Community Manager – quasi digitale Fanbeauftragte – für die unterschiedlichen Sprachräume, in denen der Verein den Dialog mit den Fans intensivieren will?

CARSTEN CRAMER: Wir unterscheiden durchaus nach Märkten bzw. internationalen Regionen. Bislang haben wir aber noch nicht für jedes Land einen eigenen Verantwortlichen im Marketing. Der internationale Bereich ist, gemessen an unseren gesamtem Marketing-Aktivitäten, noch relativ klein.

STEHPLATZHELDEN:  Welche Ziele verfolgt der BVB, wenn er den Dialog mit internationalen Fans ausbaut?

CARSTEN CRAMER: Unsere Aktivitäten sind eindeutig mittel- und langfristig ausgerichtet. Wir haben kein kurzfristiges Interesse, damit den Umsatz zu steigern. Wir wollen eine nachhaltige Reichweite aufbauen, um auch dort den Fan von morgen und übermorgen für die Borussia begeistern zu können.

 

Carsten Cramers Vortrag auf der “Online Marketing Rockstars”:

 

STEHPLATZHELDEN:  Nutzen Sie spezielle Software-Tools, um in den Sozialen Medien den Überblick über die Diskussionen rund um den Verein zu behalten? Insbesondere, um Stimmungen auffangen zu können?

CARSTEN CRAMER: Nein. Wir haben mehr als 500 Mitarbeiter bei Borussia Dortmund, die alle den Verein von morgens bis abends leben. Das führt dazu, dass wir ohnehin permanent unsere Antennen ausgefahren haben und die Stimmungslage schnell mitbekommen. Hinzu kommt, dass wir sehr konstruktiv mitarbeitende Fans haben, die uns helfen und auf mögliche Strömungen im Netz hinweisen. Wir nutzen also keine Software, sondern verlassen uns auf unsere Sinne und die hohe Sensibilität unserer Mitarbeiter und Fans.

STEHPLATZHELDEN:  Nun gibt es ja rund um den BVB viele Foren wie z.B. schwatzgelb.de, in denen sich die Fans austauschen. Inwieweit beobachtet der Verein dort die Diskussionen oder tauscht sich ggf. mit den Forenbetreibern aus?

CARSTEN CRAMER: Wir gucken dort natürlich rein, mischen uns aber nicht ein. Es muss Kanäle geben, in denen die Fans ihrer Meinung freien Lauf lassen. Die Souveränität unseres Vereins muss es hergeben, dass wir auch dort mit Kritik umgehen können.

Wir sind dort auch nicht mit Fake-Accounts unterwegs, sondern beobachten lediglich die Themen, die diskutiert werden. Denn Foren wie schwatzgelb.de sind für uns Gold wert: sie geben uns ehrliches, ungefiltertes Feedback und zeigen uns auf, was wir als Verein besser machen müssen.

Am Mittwoch lest Ihr im zweiten Teil des Interviews, ob der BVB das Verhalten seiner Spielern auf Twitter, Facebook & Co kontrolliert und ob Carsten Cramer bei getwitterten Spielerfotos aus Dusche oder Umkleidekabine Konsequenzen zieht.