“Hooligan-Konkordat”: Zürich stimmt ab

Thomas 7. Juni 2013

Die Fussball-Saison 2012/2013 ist seit dem letzten Wochenende auch in der Schweiz Geschichte. Auf dem politischen Parkett bleibt “die wichtigste Nebensache der Welt” allerdings auch in den nächsten Tagen ein wichtiges Thema. Denn im Kanton Zürich kommt es zu einer Volksabstimmung über eine Verschärfung des sogenannten “Hooligan-Konkordat”. Die Annahme ist sehr wahrscheinlich, trotz vieler Protest-Aktionen von Fan-Gruppen.

Keine drei Wochen ist es her: Im Vorfeld des Cupfinals, des Schweizer Pokal-Endspiels, das traditionell am Pfingstmontag in Bern ausgetragen wird, sind Basler und Zürcher Fans in der Berner Innenstadt aneinandergeraten. Die Polizei ging mit Gummischrot, Tränengas und Pfefferspray gegen sie vor. Zehn Personen wurden verletzt, darunter zwei Polizisten. Der Zürcher würde sagen: Es het gchlöpfet! Es hat geknallt! Zum ersten Mal seit Jahren gab es damit wieder üble Ausschreitungen im Umfeld eines Schweizer Fussballspiels. Und vermutlich wird dieses Ereignis den Abstimmungskampf über das “Hooligan-Konkordat” in Zürich entscheidend beeinflussen.

Mit der Bewilligungspflicht mehr Sicherheit?

Darum geht es bei der Abstimmung: Das Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen leistet einen Beitrag dazu, dass gewalttätige Personen von Sportveranstaltungen ferngehalten werden. Gegen eine Verschärfung dieses Konkordats wurden Unterschriften gesammelt, das Referendum kam zustande und nun wird darüber im Volk abgestimmt. Die bürgerliche Neue Zürcher Zeitung (NZZ) hat auf ihrer Debatte-Seite am Montag zwei Gastkommentare veröffentlicht. Als Befürworter kommt Reto Nause zu Wort, er ist Sicherheitsdirektor der Stadt Bern und hat die Ausschreitungen an Pfingsten medial in den letzten Wochen ausgenutzt und sich als “Hardliner” positioniert. Die wichtigsten Argumente seines Beitrages: Kernpunkt des Konkordats sei die Bewilligungspflicht für Sportveranstaltungen der obersten Ligen für Fussball und Eishockey. Diese sieht vor, dass eine Bewilligung mit Auflagen verbunden werden kann, die unter anderem bauliche und technische Massnahmen in den Stadien, die Stadionordnung, die Sicherheitsvorkehrungen der Klubs sowie die An- und Rückreise der Fans zum Gegenstand haben können. Die Bewilligungspflicht ermöglicht es den Behörden, neu Einfluss auf diejenigen Bereiche zu nehmen, die grundsätzlich in der Verantwortung der Klubs bzw. der Liga liegen.

Friedliche Spielbesucher werden unnötig bevormundet

Als Gegner der Vorlage tritt Luca Maggi auf: Er ist Präsident der Jungen Grünen Stadt Zürich und Sprecher des Komitees «Kollektivbestrafung – Nein». Maggi weist in seinem Beitrag darauf hin, der Geist des revidierten Konkordats eine Sondergesetzgebung für Sportfans sei, da diese bei (möglichem) deliktischem Verhalten anders behandelt werden als der «Otto-Normal-Bürger». Dies sei in krasser Art und Weise grundrechtsverletzend, da die Unschuldsvermutung abgeschafft wird, wenn blosse Aussagen privater Sicherheitsmitarbeiter genügen, um schweizweite Rayonverbote zu verhängen. Maggi glaubt nicht, dass das neue Konkordat zu mehr Sicherheit in in den Stadien führen wird. Stattdessen werden friedliche Spielbesucher unnötig bevormundet, Tausende von jungen Menschen in den Fankurven kriminalisiert und damit auch radikalisiert, was insgesamt auch die Stimmung in den Stadien empfindlich treffen wird.

Zwei weitere Lesehinweise zum Thema Sicherheit in den Schweizer Fussball-Stadien:

  • Die eher links einzuordnende TagesWoche aus Basel hat im letzten Dezember ein lesenswertes Dreier-Interview mit FCB-Präsident Heusler, YB-Fan und Schriftsteller Pedro Lenz, sowie FCZ-Anhänger und Journalist Dario Venutti durchgeführt.
  • Zudem liefert der Jahresbericht von “Fanarbeit Basel” eine sorgfältige Zusammenfassung der Sicherheitsdebatte .

 

Ergänzung (Sonntag, 9. Juni 2013):

Der Kanton Zürich sagt Ja zum verschärften Hooligan-Konkordat. Die Stimmberechtigten haben dem Konkordats-Beitritt am Sonntag mit einem Ja-Anteil von 85,5 Prozent deutlich zugestimmt. Dafür waren 297’610 Zürcherinnen und Zürcher, dagegen 50’682. Die Stimmbeteiligung betrug 41 Prozent.