Eintrittspreise in der Bundesliga: Abzocke auch ohne Viagogo

Tim 26. November 2012

Was war es im Rückblick für eine Goldene Zeit. Ein Verein, namentlich der HSV, ging konsequent gegen überteuerte Entrittskarten auf dem Schwarzmarkt vor. Nicht nur vor den Stadiontoren, insbesondere auch auf der Auktionsplattform eBay sollten sich die Hehler nicht mehr sicher fühlen. Und alles zum Wohle der Fans – so begründete der Club sein striktes Vorgehen – um Fußball bezahlbar zu halten und Tickets nicht zur Ware von Abzockern zu machen. Gleichwohl natürlich auch der Verein einen Vorteil davon hatte, wünschte man sich doch eher die treusten der Treuen in der Fankurve, als stumme, allenfalls meckernde Gelegenheitsfans.

Hinzu kam eine sehr komfortable Tauschbörsen, über die Dauerkarteninhaber ihre Kartenrechte für einzelne Spiele an Dritte weiterverkaufen konnten, sollten sie selbst einmal nicht ins Stadion kommen können.

 Kehrtwende um 180 Grad bei der Ticketpolitik

Warum der HSV von dieser fanfreundlichen Politik eine 180-Grad-Wendung in Kauf genommen hat, um sich vor wenigen Wochen mit dem Tickethändler Viagogo ins Bett zu legen , darüber rätseln die Menschen bis heute rund um den Volkspark. “Ausgerechnet Viagogo” möchte man rufen, das dem Wucher rund um Fußballeintrittskarten einen Namen gibt.

Wirft man einen Blick auf die aktuellen Ticketpreise beim HSV, wie sie im vereinseigenem Online-Shop ausgeschrieben sind, verwundert es schon weniger, warum keiner der Clubverantwortlichen etwas Bedenkliches in der Zusammenarbeit mit Viagogo erkennen kann. Ist man doch selber inzwischen weit weg vom ursprünglichen Vorhaben, Fußball auch für den kleinen Mann bezahlbar zu halten. Beim anstehenden Heimspiel gegen Schalke 04 kostet die günstigste Einzelkarte abseits der wenigen, meist durch Dauerkarten ohnehin vergriffenen Stehplätze sage und schreibe 36€. Und zwar nicht für die Haupttribüne oder Gegengrade, sondern in der Südkurve im obersten Rang C – dort wo “Mittendrin statt nur dabei” schon nicht mehr gilt, sondern der Betrachter gut beraten ist, seine Brille nicht zu vergessen. Wenn das Nasenfahrrad dann doch mal zu Hause auf dem Küchentisch liegengeblieben ist und man sich am Kassenhäuschen nach einem Platz im Mittelrang B, aber immer noch in der Kurve, erkundigt, müssen gar 48€ berappt werden. Und dabei ist das Spiel gegen die Knappen von den Hamburgern nicht einmal als absolutes Spitzenspiel eingestuft, was den Kartenpreis (wohlgemerkt immer noch in der Kurve)! auf 55 Euro klettern lassen würde.

Einzelkarte. In der Kurve. Immer noch relativ weit entfernt vom Spielfeld. 48€?

Bei diesen Ticketpreisen bekommt man fast den Eindruck, der HSV arbeitet mit Viagogo nur deshalb zusammen, um von den eigenen Wucherpreisen abzulenken und den Zorn der Fans nicht selber aushalten zu müssen.

Langfristig schneiden sich die Vereine mit einer solchen Preispolitik jedoch ins eigene Fleisch. Denn je mehr man den Zuschauer nicht als Fan, sondern als zahlenden Konsumenten betrachtet, desto eher wird dieser sein Recht auf Leistung einfordern. Spieler und Verantwortliche können sich gedanklich schon einmal auf gellende Pfeifkonzerte selbst nach durchschnittlichen Spielen einstellen. Uneingeschränkte Unterstützung gibt es dann nicht mehr.