Trash Talk im Fußball – die Methode Mourinho

Nils 4. Mai 2011

In einer Vorrundenpartie gegen Ende der großen Karriere des André Agassi sah es für den Mann mit dem Entengang schlecht aus. Ein talentierter Teenager machte ihm ernsthafte Probleme und war kurz davor, einen Überraschungserfolg gegen die Tennislegende zu erringen. Beim Seitenwechsel soll Agassi ihn dann ganz beiläufig zu seinen Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht gefragt haben und ob er denn überhaupt schon “Haare am Sack” habe. Der Spielverlauf kippte und Agassi zog in die nächste Runde ein.

trash talk auf dem Platz

Trash talk wie diesen erwartet man eher in der US-Basketball-Serie NBA als beim Tennis – oder eben auch beim Fußball. Besonderes Aufsehen machte hier Italiens Marco Materazzi im WM-Finale 2006, indem er Zinedine Zidanes geringen Siedepunkt schamlos ausnutzte. Die Schwester des Franzosen wurde solange durchbeleidigt, bis Zidanes Kabel am Hals endgültig platzten und er sich zu seinem legendären Kopfstoß hinreißen ließ. Italien wurde Weltmeister im Berliner Olympiastadion.

trash talk neben dem Platz

Zur Zeit macht in dieser disziplinlosen Disziplin vor allem der Real-Coach José Mourinho von sich Reden. Bei “Mou”  bekommt man immer mehr den Eindruck, das Gequatsche vor und nach dem Spiel sei für ihn wichtiger als das Geschehen auf dem Platz. Die zuletzt von ihm vermutete Bevorzugung des FC Barcelona im “classico” gegen sein Real Madrid soll er darauf zurück geführt haben, dass die Katalanen “unicef” auf der Brust stehen haben.

How to trash talk

Nur der unaufmerksame Beobachter des Fußballs dürfte meinen, der portugiesische Erfolgstrainer habe sich nicht im Griff. Das Gegenteil ist der Fall. Seine Ausbrüche und Vorwürfe sind eiskaltes Kalkül. Ein Vergleich mit dem Wiki “How to trash talk” zeigt, wie gut Mourinho sein Mundhandwerk versteht:

Step 1:  meaningless jests about each other’s mothers
Hier befinden wir uns noch auf der Anfängerstufe, die jeder durchtriebene Profi- oder Hobby-Fußballer beherrscht. Eher Materazzis Beritt, noch zu billig für Mourinho.

Step 2: Continue to talk about your unending skill (even if these statements are not true)
Mourinhos tägliches Brot. Den Spitznamen “The special One” hat er sich selbst gegeben – nuff said.

Step 3: Repeat the steps as necessary
Die richtige Dosierung ist wichtig, um den Effekt nicht zu verwässern. Erst vor wichtigen Spielen wird die dicke Keule geschwungen (siehe Unicef).

Step 4: In the event that you lose, stop trash talking
Wenn nichts mehr zu holen ist, Klappe halten. Alles andere macht einen nur zum schlechten Verlierer. Mourinho nutzte seine Sperre beim gestrigen Rückspiel, in dem Real sich aus der Champions League verabschiedete und meldete sich einfach nicht mehr zu Wort.

Step 5: Challenge the opponent to another match, whether you win or not
Schon bald nach einer Niederlage kann man zumindest im Hinblick auf das nächste Match wieder die Klappe aufreissen. Motto: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.

Die Methode Mourinho

Und wozu das Ganze? Vor den letzten entscheidenden Spielen richtete sich die Aufmerksamkeit der Medien größtenteils auf seine Person. Seine Spieler rücken dadurch an den Rand der Kritik und das, obwohl Real Madrid dem FC Barcelona bereits im ersten Duell spielerisch deutlich unterlegen war. Auch ein Schiedsrichter mag die rote Karte gegen einen Realspieler im Zweifel lieber stecken lassen, um der drohenden Polemik zu entgehen. Das ist der Erfolg der Methode Mourino, wenn auch ein fragwürdiger.