Der FC Winterthur, einfach zum Verlieben

Thomas 18. September 2016
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Lieber FCW. Wir kannten uns bisher nur sporadisch. St. Pauli war mal hier, das war unser erstes Date. Oder ein anderes Mal mit meinem Patenkind, das in der Stadt wohnt. Nun aber ist mein Zuhause nur fünf Minuten Fahrradweg von der Schützenwiese entfernt. Darum trage ich seit Juli die Saisonkarte in meinem Portemonnaie. Und nun, lieber FCW, trage ich dich seit letztem Montag auch im Herzen.
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BLICK VON DER NEUEN OSTTRIBÜNE: Vorne die Bierkurve mit den FCW-Fans, dahinter die kleine Sirupkuve und gegenüber die Haupttribüne mit Estrade.

 
Ein schlechtes Gewissen beschlich mich in den letzten Tagen. Eigentlich habe ich „meine“ Vereine doch schon seit Jahren, ja Jahrzehnten. Ich folge intensiv dem FC Basel und dem HSV aus Hamburg. Dies ist wie Himmel und Hölle: Der eine Verein liegt nach nur sieben Spielrunden mit neun Punkten Vorsprung an der Spitze und wird im nächsten Frühling zum achten Mal in Serie Schweizer Meister. Ganz anders der zweite Verein – nervenaufreibend, enttäuschend, anstrengend. Meine Fussball-interessierten Schüler machen sich immer montags ein Spielchen daraus, mal in einer Lektion einen Witz über die Rothosen fallen zu lassen. Dagegen bist du, lieber FCW, richtig wohltuend: Zufrieden im Mittelfeld der Challange League, so heisst die 2. Liga in der Schweiz, keine Ambitionen nach oben, ein sicherer Abstand nach unten und dennoch stets mit guter Laune. „Erstklassig zweitklassig“ lautet dein Lebensmotto und jeder Besuch auf der Schützenwiese ein besonderes Erlebnis: Die neu erbaute Osttribüne kommt dir gut. Die Typen in der Bierkurve, dem harten Kern, machen ordentlich Lärm. Dahinter der Salon Erika: In diesem Bauwagen hängen Kunstbilder zur Ansicht und Freiwillige verkaufen während der Spiele nicht Bier, sondern Cüpli (Prosecco). Du bist quer in der Landschaft, FCW, das gefällt mir. Ich treffe alte Arbeitskollegen, meinen Nachbar und auch der Präsident des Quartiervereins gesellt sich zu unserem Grüppchen. Nicht belegt war an diesem Abend die Sirupkurve. Auf der überdeckten Extra-Tribüne nehmen normalerweise etwa hundert Kinder den Platz, trommeln wie wild auf fix installierten Pauken und trinken für 20 Franken pro Jahr uneingeschränkt Sirup am Verkaufsstand nebenan. Es ist das beste Fanprojekt für Kinder, das ich je gesehen habe. Auch das Spiel am letzten Montag war richtig mitreissend: Gute Chancen hüben wie drüben. Lattenknaller und Elfmeter. Schön herausgespielte Züge und herrliche Tore. Danke, für den fantastischen Fussball-Abend bei Flutflicht. FCW, du bist einfach zum Verlieben.
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HEREINSPATZIERT: Die Spieler beim Aufwärmen, Zuschauer strömen auf die Schützenwiese.

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HEISSHUNGER: Eine lange Schlage beim Freddy’s Berliner Bike Grill.

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PROMINENTER SPÄHER: Stéphane Chapuisat, einst Stürmerstar beim BVB, heute Chef-Scout bei Young Boys Bern.

QUER IN DER LANDSCHAFT: Der Salon Erika mit Kunstausstellung, daneben ein Stand mit Shots.

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WAS DAS FAN-HERZ ALLES BEGEHRT: Breite Auswahl an Angeboten beim Verkaufsstand.

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SOLIDARITÄT: Nach dem Frauenstimmrecht auch die Frauenabteilung.

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AUSGELASSENE STIMMUNG: Blick aus der Bierkurve rüber zur neuen Osttribüne und dem prägenden Sulzer-Hochhaus dahinter.