Schweizer Goalies in der Bundesliga – nur Durchschnitt

Thomas 31. Oktober 2015
Hampelmann

Dr Goali bin ig. Der Torwart bin ich. So lautet der Titel eines Romans, es ist vielleicht das bekannteste Werk von Pedro Lenz. Im Buch geht es nicht um Fussball, sondern es ist ein Blues einer Geschichte, die von traurigen Gestalten der Achtzigerjahren, vom langweiligen provinziellen Leben und von Enttäuschungen handelt. Autor Lenz selbst ist ein begnadeter Fussball-Kenner und Stadionbesucher. Für das „Magazin“ hat er darum auch vor einigen Monaten einen Aufsatz geschrieben. Er wollte dem helvetischen Torhüterwunder auf den Grund gehen: Wie kann es sein, dass in dieser Saison gerade fünf Schweizer Goalie in der Bundesliga spielen?

 Schweizer zwischen deutschen Pfosten, das hat es auch früher schon gegeben – nur viel seltener. Pascal Zuberbühler spielte etwa 2000/2001 – zwar nur für kurze Zeit – bei Bayer Leverkusen. Etwas später schaffte Jörg Stil den Sprung in die Bundesliga und hütete drei Jahre lang das Tor in Gladbach. Heute ganz anders: Es sind fünf Schweizer, die bei deutschen Vereinen in der laufenden Saison als Torhüter eingesetzt wurden: Roman Bürki (Dortmund), Diego Benaglio (Wolfsburg), Yann Sommer (Gladbach), Marwin Hitz (Augsburg) sowie Andreas Hirzel (HSV). Letztgenannter ist der Einzige, der nicht regelmässig zum Einsatz kommt, sondern hinter Adler und Drobny die Nummer 3 ist. Doch auch er kam bereits in dieser Saison zum Einsatz. Warum aber nun der Schweiz-Trend zwischen den Pfosten?

„Fehler sind verpönt – das macht uns zu guten Goalies“

Pedro Lenz glaubt, dass es einen tieferen gesellschaftlichen Grund gäbe: „In der Schweiz sind Fehler so verpönt wie wohl nirgendwo sonst auf der Welt“, schreibt er. Das Vermeiden von Fehlern gehöre zu nationalen Haupttugenden. „Da darf es uns nicht weiter wundern, wenn wir uns selbst im Fussball auf jener Position am wohlsten fühlen, auf der am wenigsten Fehler toleriert werden.“ Dennoch passieren auch den Schweizern Fehlgriffe – und dies eigentlich nicht selten. Die Süddeutsche Zeitung lästerte jüngst über Roman Bürki nach dem Spitzenspiel in München: „Jeder Torhüter hat einen sogenannten Signature-Move, zum Beispiel: Toni Schumachers Karatesprung, oder: Manuel Neuers Grätsche an der Mittellinie. Der Schweizer Bürki hatte bis Sonntag noch keinen. Nun darf er Patent anmelden auf: Den Hampelmann. Performte ihn beim 0:1 durch Müller noch unsicher, perfektionierte ihn beim 1:3 durch Lewandowski: Hände nach oben, Beine gespreizt.“

„Ein neuer Typ Schweizer Goalie“

Zu einem anderen Ergebnis in der Analyse kommt die Neue Zürcher Zeitung. Sie hat das Phänomen der Schweizer Torhüter ebenfalls über mehrere Seiten ausgebreitet. Eine Schlüsselfigur spielt dabei offenbar Patrick Foletti. Er ist seit 2009 Torhüterverantwortlicher beim Schweizer Fussball Verband (SFV) und führte in allen nationalen Nachwuchsmannschaften einen „neuen Schweizer Goalie-Typ“ ein. Dieser sollte agieren und nicht nur reagieren. Er sollte offensiv mitspielen und Angriffssituationen schnell auslösen können. Sommer und Bürki gehörten zu den Ersten, die nach diesem Konzept ausgebildet wurden – und starteten sehr früh durch.

Die Statistik lügt nicht – Schweizer nur Mittelmass

Schaut man sich nun die Statistik an und vergleicht die Leistungen der Schweizer in der Bundesliga, so sind sie Mittelmass: Die durchschnittliche Kicker-Benotung der ersten 10 Spielrunden gibt kein eindeutiges Bild über die Schweizer Qualität. Hitz aus Augsburg führt auf Platz 6 die Schweizer Gruppe an, der Durchschnitt der fünf Schweizer Goalies liegt bei 2.99. Die zehn deutschen Torhüter kommen auf einen Schnitt von 2.84. Ganz vorne im Ranking sind Fährmann (FC Schalke) vor Karius (Mainz). Immerhin liegen hinter den Schweizern noch andere Torhüter: Finnen, Norweger, Österreicher und Polen. Sie haben im Schnitt eine schlechtere Benotung.