Fünf zu Eins Lehren des 8. Spieltags

Flo 5. Oktober 2015
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Es ist offiziell: Der FC Bayern München ist Meister 2016. Herzlichen Glückwunsch, Mazal Tov und Felicidades. Auf dem Weg dahin wird alles, was auch nur theoretisch in die Quere kommen könnte, mit einem schicken 5:1 an die Wand der Allianzarena gesandstrahlt. Das macht ein wenig sprachlos, also her mit dem Duden:

1. Monopol (das; “Vorrecht, alleiniger Anspruch, alleiniges Recht, marktbeherrschendes Unternehmen oder Unternehmensgruppe, die auf einem Markt als alleiniger Anbieter oder Nachfrager auftritt und damit die Preise diktieren kann”)
Es ist ein Jammertal. Die Bayern ziehen einsam ihre Kreise, und weit und breit niemand in Sicht, der mit ihnen konkurrieren könnte. Kartellrechtlich bedenklich, und aus der Sicht des “normalen Fans” (wie es ein gewisser Herr Müller zu Protokoll gab) einfach nur öde. So etwas gibt es in keiner anderen europäischen Topliga, und das lässt einen um die Zukunft der Bundesliga ein wenig verzweifeln.
(siehe auch: Microsoft, Dutch East India Company, Rockefeller)

2. Imperium (das; “Weltreich, Kaiserreich, riesiger Macht-, Herrschaftsbereich”)
Große Imperien haben historisch betrachtet die Angewohnheit, irgendwann zu zerfallen. Im Fall des Kaiserreichs FCB fehlt dafür zurzeit ein wenig die Fantasie. Nach den Sechs-Meisterschafts-Rekorddekaden der 1980er und 2000er dürften die 2010er nicht nur das erste Jahrzehnt werden, in dem vier Meisterschaften in Folge gefeiert werden, sondern auch 8 von 10 möglichen Schalen in die Vitrine von Rummenigge und Co. gestellt werden können. Aber die 2020er kommen bestimmt, und da geht es dann bergab in den Voralpen. Sicher.
(siehe auch: Rom, Inka, British Empire)

3. Langeweile (die; “als unangenehm, lästig empfundenes Gefühl des Nicht-ausgefüllt-Seins, der Eintönigkeit, Ödheit, das aus Mangel an Abwechslung, Anregung, Unterhaltung, an interessanter, reizvoller Beschäftigung entsteht”)
Wenn die Meisterschaft schon im Herbst vergeben wird, bleiben noch der Wettkampf um die goldene UEFA-Platzierungsananas, das Schneckenrennen in Richtung Tabellenniemandsland und natürlich der Angstmarathon um Platz 14. Irgendwie alles nicht toll, da muss man sich nichts vormachen. Mal wieder so eine Meisterschaftsentscheidung am letzten Spieltag, das wäre doch was. Zur Not auch mit Weißbierduschen im Anschluss. Hauptsache, es kann niemand auf die Idee kommen, Jerome Boateng am dritten Advent mit einem riesengroßen Glühweinbecher auf Pep zu jagen.
(siehe auch: Schullektüre, Bügeln, Buchhaltung)

4. Abwechslung (die; “Unterbrechung des Einerleis”)
Absolute Fehlanzeige, wenn man einmal davon absieht, dass der Pseudokonkurrent Leverkusen ‘nur’ mit einem 3:0 aus der Allianzarena gekärchert wurden. Ansonsten ist das Ergebnis eines Bayernspiels so vorhersehbar wie das Geprolle von Dieter Bohlen in der nächsten DSDS-Staffel.
(siehe auch: so, sicher, wie, das, Amen, in, der, Kirche)

5. Opportunismus (der; “allzu bereitwillige Anpassung an die jeweilige Lage aus Nützlichkeitserwägungen”)
Es war selten schwierig, Bayernfan zu sein – heuer ist es aber fast schon zu einfach. Wer Fan sein mit beständigem Feiern von Siegen und Meisterschaften verwechselt, der hat, um eine weise Fönwelle zu zitieren, “den Fußball nie geliebt.” Ist vielleicht ein wenig nachgetreten, kommt aber von Herzen.
(siehe auch: Sebastian Vettel, Jan Ullrich, Henry Maske, Sven Hannawald)

Und wer jetzt darauf verweist, dass die Bundesliga vielleicht in der Meisterschaftsfrage nicht gerade von Thrill geprägt ist, dafür aber in der Breite so richtig gut aufgestellt ist, dem sei der Zusatzeintrag ans leicht kurzsichtige Herz gelegt:

1. Homogenität (die; das gleichmäßig aufgebaut sein; einheitlich sein, aus Gleichartigem zusammengesetzt sein)
Abseits der Bayerneuphorie hat Hannover 96 gestern seinen ersten Saisonsieg eingefahren. In einem Spiel von zwei nominell mittelklassigen Clubs, die vor gar nicht so langer Zeit einmal europäische Ambitionen hatten, wurde dem (in zunehmender Übelkeit nach vorne) geneigtem Publikum eindrucksvoll der Bundesligaalltag vorgeführt. 90 Minuten echte Gefühle (des Erschreckens). Keinerlei Spielidee, individuelle Klasse nicht vorhanden, und ansonsten auch wenig, was einen nicht verzweifeln lässt. Und wenn dann auch noch Werder-Coach Skripnik behauptet, dass das “heute kein schlechtes Spiel” war, weiß spätestens auch der größte Optimist Bescheid, wie es um die Bundesliga jenseits der Stadtgrenzen von München steht.
(siehe auch: Stückwerk, Kraut und Rüben, Einheitsbrei)