Eine Familie, zwei Nationalmannschaften: Die Xhakas

Thomas 26. Oktober 2015
„Wir gehören zu den Besten der Welt. Oder sagen wir: Zu den Besten Europas.“ Diesem Zitat mutet etwas „Unschweizerisches“ an. Gesagt hat es ein Schweizer Nationalspieler vor wenigen Wochen in der Neuen Zürcher Zeitung. Granit Xhaka, mit 23 Jahren bei Mönchengladbach der jüngste Captain einer Bundesliga-Mannschaft, ist selbstbewusst und klar in der Sprache. Es ist untypisch für das kleine Land, solch grosse Töne von sich zu geben. Und doch ist es Realität. Denn die Schweizer Nationalmannschaft hat seit einigen Jahren ein neues Gesicht: Es ist ein einig Team von Doppelbürgern: Xherdan Shaqiri, Ricardo Rodriguez, Breel Embolo oder eben Granit Xhaka – das sind Namen der jetzigen Führungsspieler der Mannschaft. Unschweizerisch eben. Natürlich gibt es auch Sommer, Lichtsteiner oder Schär. Unbestritten ist aber, dass die Schweizer Auswahl von der Einwanderung der letzten 20 Jahre stark profitiert hat. In einer Umfrage bestätigte eine überwiegende Mehrheit die Aussage: „Ohne Migration wäre die Schweizer Fussballnationalmannschaft chancenlos.“
Xhaka
Papa Xhaka: “Wir könnten die Welt umarmen!”
Gerade die Geschichte von Xhaka ist gleichermassen beispielhaft, wie auch aussergewöhnlich für die neue Schweizer Fussballer-Generation. Die Eltern sind 1990 aus der Provinz Kosovo in die Schweiz geflüchtet. Granit, ein paar Jahre später in Basel geboren, verbindet mit seinem älteren Bruder Taulant vor allem ein Traum: Beide wollen Fussballprofi werden. Früh entdeckt von der Nachwuchsabteilung des FC Basel landen sie an der richtigen Adresse. Und werden beide sehr bald Professionals. Nächsten Sommer folgt der familiäre Höhepunkt: Die Brüder Xhaka spielen an der Europameisterschaft in Frankreich – für unterschiedliche Teams. Während Granit sich früh für das Schweizer Team empfohlen hatte, war der Weg von Taulant nicht ganz gradlinig. Erst wurde er vom FC Basel ausgeliehen und fand erst später eine Berufung in die Auswahl Albaniens. “Ein Sohn für Albanien, einer für die Schweiz – das ist das perfekte Spiegelbild unserer Familie», sagt Vater Ragip Xhaka. “Meine Frau und ich sind die stolzesten Eltern der Welt. Wir könnten die ganze Welt umarmen.“ Die Xhakas sind also die Boatengs der Schweiz.
Zehn Spieler des albanischen Kaders “kommen” aus der Schweiz
Ohne die jungen Wilden mit fremden Wurzeln hätte sich der Schweizer Fussball in den letzten zehn Jahren nicht so rasant entwickelt. Umgekehrt gilt auch: Ohne die Ausbildung der Schweizer Vereine hätte sich wohl auch Albanien nicht für die EM qualifizieren können. Denn nicht weniger als zehn Spieler des albanischen Kaders sind in der Schweiz sozialisiert worden und spielen in der Super League. Der albanische Fussball ist also auch dank Entwicklungshelfern aus der Schweiz EM-reif geworden. Und die Schweiz profitiert, weil die albanisch-stämmigen Spieler die Leidenschaft, die Emotionalität und nicht zuletzt viel Selbstvertrauen in die Nati getragen haben.