Penaltybar: Die älteste Fussballbeiz in Zürich
Fussballkneipen sind in der Schweiz rar: Es gibt sie kaum und es gibt kaum eine Tradition, am Wochenende den Spieltag gemeinschaftlich zu teilen. Eine wohltuende Ausnahme stellt die Penaltybar in Zürich dar. Doch zunächst noch einen sprachlichen Exkurs: Nicht nur im Fussballvokabular, sondern auch in der Gastronomie gibt es kleine, aber feine Unterschiede zwischen dem “grossen Kanton” (Deutschland) und der Schweiz. Eine “Kneipe” würde man hierzulande wohl eine “Beiz” nennen, eine “Kaschemme” wäre “d’Chnelle”. Anstelle von “einem Bier” bestellt man hier “die Stange” und das Alsterwasser/Radler heisst in der Schweiz ein “Panache”. In der Fussball-Sprache halten sich die Eidgenossen eher an die Ausdrücke aus dem Mutterland des Fussballs und weniger an die germanischen Wörter: Sie sprechen also vom “Corner”, der vom Goalie abgefangen wurde, und der Schiedsrichter (obacht, die Ausnahme, nicht “Referee”) pfeift die “Offside”-Stellung oder eben “Penalty”.
Die Penaltybar in Zürich ist demnach kein britisches Pub, sondern eine schmucke ehrliche Fussballkneipe wie sie im Bilderbuch steht. Es wird gemunkelt, dass es die älteste Fussballkneipe von Zürich ist. An den getäferten Wänden hängen – eher untypisch für eine Sportbar – vergilbte Bilder von Hollywood-Ikonen. Der junge Marlon Brando mit Schiebermütze schaut kühl herab, vermutlich eine Szene aus dem Motorradstreifen The Wild One. Gastgeber ist seit einigen Jahren Dionisio da Silva Gomes, ein Südländer dem Namen nach, vermutlich Spanier oder Portugiese. Er löste den langjährigen Wirt Sepp Macher ab, der über dreissig Jahre lang jeden Tag die Beiz geöffnet und den Fernseher angeschaltet hatte. Die Autogrammkarten an einer Wand lassen darauf schliessen, dass hier auch frühere Stars ein- und ausgeben. Tatsächlich, jeweils am ersten Dienstag im Monat, so erzählt ein Stammkunde, trifft sich hier die Meistermannschaft der Siebzigerjahre des FC Zürichs rund um Köbi Kuhn oder Fritz Künzli.
Das Publikum ist sehr durchmischt an diesem Sonntag: Es sind Stammgäste da, die vermutlich schon seit Jahrzehnten fest zum Inventar gehören, dann aber auch etwas jüngere Semester, der Sprache nach aus dem “grossen Kanton” stammend. Währschafte Küche wird auch am Nachmittag angeboten: Sie reicht vom Wurstsalat über den Fitnessteller bis zu Entrecôte und Berner Rösti. Besonders das Kartoffelgericht soll hier ausgesprochen gut sein. Die Penalty-Rösti sei weder fettig, noch versalzen, sondern goldig und knusprig. Die Preise sind – für Zürcher Verhältnisse – fair, eigentlich lohnt sich für Fussballfans, die in der Zürich besuchen, eher ein Besuch in der Penaltybar im Kreis 4 als im Letzigrund-Stadion.
Name: Penaltybar
Adresse: Hallwylstrasse 40, 8004 Zürich
Bier: Eichhof, eine Stange oder ein Panache kosten 5.- CHF
Bild: Zwei grosse Farbfernseher, ganz gute Sicht von überall, einzig die geschmackvollen Lampen spiegeln sich auf den Bildschirmen.
Rauchen: Nicht drinnen, sondern nur draussen. Dort stehen aber im Sommer gemütliche Tische und Stühle bereit.
Publikum: Gemischt, vom ehemaligen Nati-Trainer Köbi Kuhn bis zum zugezogenen deutschen Fussball-Fan.
Besonderheit: Die Penaltybar führt auch eine Lottoannahmestelle. Besucher können also direkt bei der Bestellung an der Theke noch eine Wette plaçieren.
Fazit: Wer authentische Schweizer Fussball- und Beizenkultur erleben möchte, ist hier bestens aufgehoben. Man fühlt sich in der Penaltybar wie in der Wohnküche einer Gross-WG, in die jeder kommen und so lange bleiben darf, wie er will. Bestnote!
Nach alter Schule: Bei der Penaltybar kommt noch Kreide und Tafel zum Einsatz.
Hier das Menü mit den Preisen der Penaltybar vom 19. April 2015:
Und die Anfahrtskizze zur Penaltybar:
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