25 Jahre Mauerfall und der Fußball: Keine blühenden Landschaften im TV
Der Bezahlsender Sky zeigt heute Abend um 21:00 Uhr die eigenproduzierte Dokumentation “Freistoß für den Osten – Wie der 09. November 1989 Fußballdeutschland veränderte”. Bei dem Titel der Sendung wollten die Verantwortlichen offensichtlich ganz tief in die Wortspielkiste gegriffen. Blöd nur, dass die keinen treffenden Wortwitz parat hielt.
Zwei Geschichten bestimmen die Berichterstattung zum Fußball der Wendezeit
Inhaltlich verspricht die Sky-Dokumentation nicht viel Neues im Vergleich zu den anderen Ost-West-Fußball TV-Beiträgen der letzten Tage. Als wäre in der aufregenden Wendezeit rund um die ehemalige DDR-Oberliga nichts anderes passiert, als dass Leverkusen einen Mitarbeiter auf die Trainerbank geschleust und dann die halbe Nationalmannschaft verpflichtet hätte. Ja, zugegeben, eine außergewöhnliche Geschichte. Aber auch sie verliert ihren Glanz, wenn man Rainer “Calli” Calmund zum 50. Mal davon erzählen hört, weil ihm wieder irgendein TV-Sender das Mikrofon unter die Nase hält: “Komm, Calli, erzähl doch mal. Wie war das denn damals, als Du für eine Kiste Bananen den Kirsten verpflichtet hast”. Der arme Calli muss bei so vielen angefragten O-Tönen inzwischen ganz heiser sein.
Wenn in einem Beitrag einmal nicht der Leverkusener Ex-Manager zu Wort kommt, dann wird die zweite Geschichte aus der Schublade gezogen, die uns in den letzten Tagen immer wieder im TV vorgedudelt wird: Das Heimspiel von Hertha BSC, das zehntausende Ostberliner kurz nach der Wende zu einem ersten Besuch im Olympiastadion nutzten. Keine Frage, die Atmosphäre muss einmalig gewesen. Auch wenn die Hertha damals nur in der zweiten Liga kickte und der Gegner im Spitzenspiel nicht Bayern München, sondern Wattenscheid 09 hieß. Dennoch wird dieses Erlebnis wohl niemand vergessen, der damals im Emotionen geschwängerten Rund dabei war. Aber auch diese Erzählung verliert ihren Charme, wenn man sie zunächst im Ersten, später bei RTL, zwischendurch bei Kabel 1, irgendwann bei VOX, in der Wiederholung bei Sport1 und wer weiß wo und wann sonst noch unter die Nase gerieben bekommt.
Ist das alles, liebe Redaktionen?
Erschreckend niedrig ist das Kreativpotenzial, dass die hiesigen Sender im Umgang mit der Wende und den damit einhergehenden Entwicklungen im deutsch-deutschen Profifußball an den Tag legen. Dabei gibt es so viel mehr zu erzählen, als von Leverkusens feindlicher Übernahme des Ostens oder dem ersten Stadionbesuch Ostberliner Fans. Man fragt sich, woran dies liegen mag. Ist den Sendern eine vernünftige Recherche, die eine gute Dokumentation voraussetzt, zu aufwändig?
In der Sky-Dokumentation heute Abend kommt immerhin der damalige DDR-Auswahltrainer Eduard Geyer zu Wort. Außerdem begleiten die Macher die BSC-Dynamo-Fangruppe ‘Treibjäger’ in der Regionalliga Nord-Ost, in der der DDR-Serienmeister heute spielt. Es gibt also Hoffnung, dass die Sendung trotz des fürchterlichen Titels ein paar interessante Themen bereithält.
Durch den Osten mit Westen
Den Kreativ-Award haben sich die Programmmacher von Sky auf jeden Fall schon einmal verdient. Denn dem blassen Wortspiel bei der Titelwahl ging eine messerscharfe Auswahl des Moderators der Ost-Dokumentation voraus: Jens Westen. Auf die Idee muss man erst einmal kommen.
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