Hitzfeld und der Würger

Thomas 2. Oktober 2014

Seit haargenau drei Monaten ist Ottmar Hitzfeld Rentner. Zumindest steht er nicht mehr als Trainer an der Seitenlinie. Natürlich hat er noch ein paar Aufgaben und Mandate. So steht er dem Versicherungskonzern Swiss Life als Markenbotschafter zur Verfügung. Er kommentiert regelmäßig bei Sky das Fußballgeschehen. Und er arbeitet als Berater und Repräsentant für den Schweizer Verlag Ringier. Diese Aufgabe hat er bereits vor zwei Jahren angetreten – also noch zur Zeit als er Trainer der Nati war und nach der Nicht-Qualifikation für die Euro 2012 ziemlich unter Druck stand. Für dieses Beratermandat soll er angeblich pro Jahr rund 330’000 Euro erhalten haben und auch weiterhin kassieren. Denn der Vertrag ist langfristig angelegt. Ein nettes Zubrot also zu seiner Rente.

Ein weiteres Leckerli, das er vom Ringier Verlag erhalten hat, ist ein Sonderheft zu seinem Karriereende. Eine Hommage an sein Wirken. Ein kleiner Abschiedsgruß in Papierform. Danke Ottmar, steht in großen Lettern auf der Titelseite. Alle BLICK-Fußballexperten haben gemeinsam dieses Heft erstellt. Es ist eine bunte Sammlung von unterhaltsamen Anekdoten aus dem Leben des Wahlschweizers. Da spricht der „General” zum Beispiel über seine Stars (Hitzfeld über Basler: „Er war bekannt als Halbzeit-Raucher“). Oder seitenlang wird die Karriere von Hitzfeld beleuchtet. Am spannendsten sind dabei sicherlich die Anfangsjahre. Die Spieler-Laufbahn in der Schweizer Liga musste Hitzfeld verletzungsbedingt aufgeben. Aussicht auf eine Stelle als Trainer hatte der 34-Jährige nicht. Vom FC Luzern, die letzte Station als aktiver Spieler, erhielt er eine Absage. Fast hätte er sich wieder an der Pädagogischen Hochschule Lörrach eingeschrieben, um das halbjährige Praktikum anzutreten und später als Lehrer zu arbeiten – genauso wie es die Generationen seiner Vorfahren vor ihm gemacht haben. Doch plötzlich tat sich eine Möglichkeit auf: das Traineramt beim SC Zug. Der Verein, den es in der heutigen Form nicht mehr gibt, spielte zu jener Zeit in der Nationalliga B, der zweithöchsten Liga der Schweiz.

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Ein lokaler Bauunternehmer, Werner Hofstetter („Höfi“), war Präsident des Clubs und setzte den Novizen gehörig unter Druck. „Du redest wie ein Pfarrer, nimmst die Spieler in Schutz, das muss aufhören!“ Bald schon griff Höfe den jungen Hitzfeld an der Gurgel und würgte ihn. Was für ein Glück, dass sich Augenblicke später die Tür öffnete und eine Stimme zu hören war: „Herr Hitzfeld, die Pressekonferenz!“ Diese Geschichte ist mehr als eine Legende. Beide Hauptakteure haben sich 2014 wiedergetroffen, am 70. Geburtstag von „Höfi“. „Es waren unglaublich emotionale Momente. Und ich musste einfach Hitzfeld am Kragen packen.“ Die erste Trainer-Saison war für Hitzfeld übrigens äußerst erfolgreich: Völlig überraschend stieg die Mannschaft des SC Zug in die erste Schweizer Liga auf. Und der „General“ wechselte zum FC Aarau, mit dem er bereits in der folgenden Spielzeit den Cup holte, seinen ersten Titel als Trainer.

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