FIFA und die Schweiz: Lasche Gesetze als Standortpolitik

Tim 15. September 2014
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Das Image des Weltfußballverbands FIFA ist mittlerweile stark angekratzt. Fragwürdige Entscheidungen und sich hartnäckig haltende Korruptionsvorwürfe zeichnen eher das Bild einer mafiösen Organisation als von einem gemeinnützigen Verein. Ein solcher ist die FIFA nach Schweizer Recht allerdings.

Schweizer Behörden ermitteln zögerlich

Vor diesem Hintergrund wundert es sehr, dass die Schweizer Behörden nicht deutlich aktiver ermitteln, um Licht ins Dunkle des Fußballdachverbandes zu bringen.

Um das zögerliche Handeln der Eidgenossen zu verstehen, muss man wissen, dass die Schweiz im letzten Jahrhundert offensiv um große Sportverbände geworben hat. Das Land hat sich den Organisationen als Standort für ihre Hauptniederlassungen angedient und ihnen gute Rahmenbedingungen versprochen. In diesem Zuge wurde auch die FIFA – ursprünglich 1910 in Paris gegründet – überzeugt, ihre Zentrale nach Zürich zu verlegen. Laut Thomas Kistner, Autor des Buchs “FIFA-Mafia”, bedeutet die Ansiedelung des Weltfußballverbandes in der Schweiz in Nachbarschaft zu allen anderen internationalen Sportorganisationen einen großen Prestigegewinn für das Land. Dies sei der Hauptantrieb der Eidgenossen für die Anwerbung der Verbände gewesen.

Korruption als Kavaliersdelikt

Ohne dem Ergebnis des Abschlussberichts der FIFA-Ethikkommission zu den Korruptionsvorwürfen rund um die WM-Vergabe nach Katar vorwegzugreifen, so möchten wir trotzdem die Frage aufwerfen, welche rechtlichen Konsequenzen anstünden, sollten sich die Korruptionsvorwürfe bestätigen.

In Deutschland sähe das Strafgesetzbuch für “Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr” (§ 299 StGB) eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor. Düstere Aussichten also für die FIFA-Offiziellen.

In der Schweiz stellt sich der Sachverhalt jedoch deutlich anders dar. Zum einen ist die FIFA dort wie eingangs erwähnt ein gemeinnütziger Verein und damit kein “gewerblicher Betrieb”. Hieran haben auch die drei Mrd. Euro Profit bei der WM 2010 in Südafrika bzw. die sogar mehr als drei Mrd. Euro Gewinn aus der Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien nichts geändert.

Zum anderen – und das ist deutlich wichtiger – gilt Bestechung im Land Wilhelm Tells immer noch als Kavaliersdelikt, nicht als Straftat!

Dass dies nicht zeitgemäß ist, dämmerte vielen Eidgenossen nach den Enthüllungen, die im Rahmen des Bestechungsprozesses um die in Konkurs gegangene Sportvermarktungsfirma ISL ans Tageslicht gelangten. Im Anschluss kam ein Gesetzgebungsverfahren in Gang („Lex FIFA“), welches zum Ziel hatte, Bestechung zum Straftatsbestand zu machen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass die Staatsanwaltschaft Bestechungsvorwürfe eigenständig hätte untersuchen können.

Wirtschaft verhindert schärfere Gesetzgebung

Doch das Gesetzgebungsverfahren ist ins Stocken geraten und droht zu scheitern. In verschiedenen Interessenvertretern der Wirtschaft hat die FIFA mächtige Verbündete gefunden. Diese fürchten wohl, dass sie sich dann ebenfalls für Schmiergeldzahlungen verantworten müssen.

Mittlerweile hat sich die Stimmung beruhigt und eine verschärfte Gesetzgebung ist in weite Ferne gerückt. Man könnte sagen, die FIFA hat das Problem in bewehrter Helmut Kohl-Manier ausgesessen. Vorerst jedenfalls.

Sollte der Abschlussbericht der Ethikkommission die Korruptionsvorwürfe bestätigen, dürften die Forderungen nach strengeren Gesetzen neuen Rückenwind bekommen. Sepp Blatter und seine Gefolgsleute tragen sicher schon Vorkehrungen, dass dann auch dieser Kelch wieder an ihnen vorbeigehen wird.

Wer mehr Details zu den oben geschilderten Aspekten hören möchte, dem sei der Podcast “Weltfußball – Die Machenschaften der FIFA“ vom Deutschlandfunk ans Herz gelegt.

Wir von den Stehplatzhelden verfolgen die Machenschaften der FIFA kontinuierlich und fassen sie regelmäßig in unserem FIFA-Watchblog zusammen.