Red Bull, Abu Dhabi und vertikale Integration im globalen Profifußball

Flo 30. Juli 2014
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Nicht nur der FC Bayern macht sich gerade auf den Weg in die USA, sondern auch die auslaufenden Weltklassespieler David Villa, Frank Lampard und wahrscheinlich auch Xavi (siehe “Alle lieben den Paten” in der Süddeutschen Zeitung vom 30.07.). Während der FCB nach einigen Tagen Promotion- und Marketingtätigkeit wieder nach Europa zurückkehren wird, werden die genannten Mittdreissiger wohl einige Jahre in den USA spielen.

Oder auch nicht, da sie dank einer recht befremdlichen Entwicklung im Weltfußball auch durchaus mal in Australien und vielleicht auch wieder in der Premier League gegen das runde Leder treten werden. Und das geht, wie die SZ zeigt, so: Der (mal wieder) neu aus dem Boden gestampfte Verein New York City FC ist zu 80% im Besitz der City Football Group aus Abu Dhabi. Und eben diese petro-royale Holding ist wiederum auch an Melbourne City und Manchester City beteiligt.

Soweit, so globalökonomisch nichts Neues in Zeiten von vertikaler Integration und zunehmender Konsolidierung globaler Konzerne. Aber im Fußball eben doch durchaus etwas Neues, dass unter anderem eine spezielle Art der Transfertätigkeit mit sich bringt: Das Stichwort heißt “Synergieeffekte” (verstanden hier als Euphemismus ungefähr im semantischen Bereich von “Kollateralschaden”). Denn dahinter verbirgt sich nichts anderes, als dass Spieler, die zu einer McFußballverein-Filiale dieser globalen Konzerne und Holdings wechseln, nach Belieben und für flexible Zeiten und Bedarfe an einen der anderen beteiligten Klubs transferiert werden können. Laut SZ wird sich zum Beispiel Herr Villa vor Dienstantritt in New York City erst einmal in Melbourne die Sonne auf den LSF 50-geschützten Körper scheinen lassen, und ob Herr Lampard ihm folgt oder doch mal die Vorzüge des Shoppings in Manchester testet, ist noch offen.

Wer jetzt hofft, dass dies eine Geschichte ist, die antiamerikanische Ressentiments oder platte Vorbehalte gegen nahöstliche Ölmilliardäre bedienen kann, sollte aufpassen. Eben dieses Prinzip wird nämlich insbesondere in Deutschland und Österreich bereits an der Grenze zur Perfektion betrieben und ab der kommenden Saison auch noch deutlichere Auswirkungen auf den hiesigen Profifußball haben. Die Rede ist natürlich von den “Rasenballsport”-Filialen von Red Bull, die sich derzeit in Leipzig, Salzburg, Liefering, New York und Sao Paolo befinden und von den deutschen und österreichischen Bundes- und Regionalligen über die MLS und eine Ausbildungsakademie in Brasilien alles bieten, was das Energy Drink-beflügelte Herz begehrt.

Die Welt (die angesichts der Anzahl an Artikeln zum Thema scheinbar ein deutliches Hühnchen mit dem fliegenden Limonadenhersteller zu rupfen hat) hat u.a. am 04.05. und am  25.07.  ausführlich und anschaulich über das Phänomen berichtet.

“Es geht bald nur noch um die Frage, wie wir die Spieler auf unsere Teams verteilen”

Dies hat Red Bull-Sportdirektor Ralf Rangnick vor einiger Zeit verlauten lassen, und seine Aussage bekommt nun ganz konkrete Dimensionen. Abgesehen von kurzfristigen Verletzungssorgen, die konzernintern auf äußerst komfortable Art gelöst werden können, ist es nun absolut möglich, eine lange, äußerst globale Fußballkarriere bei unterschiedlichsten Vereinen zu verfolgen, ohne jemals Herrn Mateschitz untreu zu werden.

Diese postmoderne Art der Vereinstreue geht in etwa so: Aufstrebendes Talent wird, kaum dem Windelalter entwachsen, entdeckt und in Brasilien oder Österreich in den unterschiedlichen Akademien ausgebildet und mit ersten Wettkampferfahrungen versorgt. Anschließend folgt dann eine Erstligakarriere in Leipzig (Fertigstellung 2015) oder Salzburg, und am Ende lässt man dann die Karriere gemütlich am Hudson River ausklingen. Und wer weiß, wenn der Fußballer auch noch Führerschein hat, reicht es vielleicht sogar für einen Einsatz am Hockenheimring, Herr Vettel wird ja auch nicht jünger. Ablösesummen wären in diesem Fall keine geflossen oder zumindest schön in einer Hand geblieben, daran kann auch Herr Bosman nichts ändern.

Angesichts solcher Transfermöglichkeiten und all der anderen Effekte, die dieses Prinzip “Fußballkonzern aus einer Hand” mit sich bringt, mutet die lizenzrechtlich so aufgebauschte Posse um das RB Leipzig-Logo fast schon possierlich an. Es geht an dieser Stelle um viel, viel mehr. Klar, Fußball ist Geschäft und die Romantisierung des angeblich so gewachsenen Clubfußballs hat klare logische Grenzen. Nicht zuletzt die zurzeit sehr modischen Kapitalerhöhungen, Ausgliederungen und Suchen nach “strategischen Partnern”, die sich von Elbe und Leine über Neckar und Isar beobachten lassen, sind, äußerst gelinde gesagt, interessant in dieser Hinsicht. Aber das Prinzip Red Bull ist doch noch einmal von einer anderen Tragweite und deswegen bis auf Weiteres äußerst kritisch zu betrachten. Für den Anfang muss man es insofern wohl in der Tat mit dem Mainzer Manager Christian Heidel halten, wenn er sagt (Die Welt 22.07.):

“Ist es das, was wir wollen?”

Fortsetzung folgt, so viel steht fest.