HSV, Moralphilosophie und Schadenfreude: Darf man einem anderen Verein den Abstieg wünschen?
Heute ab 15:30 Uhr hat die noch nicht ausgegliederte Profivertretung der HSV-Fußballsparte die große Chance, sowohl den Abstand auf einen direkten Abstiegsrang zu vergrößern, als auch den Abstand zum sicheren 15. VfB Stuttgart nicht abreissen zu lassen. Mal schauen, ob die hanseatische Rumpelriege diese Chance auch nutzt.
Die Chance auf Schadenfreude, die sich durch die sportliche/finanzielle/strukturelle Misere des HSV bietet, wird auf jeden Fall schon einmal quer durch die Bundesrepublik wahrgenommen. Doch es stellt sich die Frage: Ist das in Ordnung?
Zunächst einmal die Fakten: Egal, ob man den HSV-Countdown, eine neue Variante des HSV-Logos, die Titanic, oder irgendeine x-beliebige Diskussion an der fußballaffinen Theke betrachtet, allenthalben macht sich Häme breit. Die Uhr, kaum dass sie wieder läuft, muss bald abgebaut werden, Dino wird auch in Hamburg aussterben, und das Hamburger Stadtderby steigt ab der nächsten Saison am Montagabend auf Sport 1. So weit, so weitgehend lustig für den (dem HSV nicht zu sehr zu-)geneigten Betrachter.
Aber: Man muss nicht Kants moralphilosophischer Aussage zustimmen, dass Schadenfreude ein “teuflisches Laster” ist, welches “eine unmittelbare Neigung zum Bösen” offenbart, um zu sehen, dass hier doch deutliche Vorsicht geboten ist. Ein kurzer Blick ins eigene Fan-Seelenleben an Weser, Spree, Leine, Neckar, Rhein oder Main genügt. Denn wenn man nicht gerade seelenloser FCB-MirSanMir-“Ich finde Sport nur dann gut, wenn man alles gewinnt”-Fan ist, hat man die Situation des Abstiegs/kampfs schon mindestens einmal mit- und durchgemacht. Und merkt: Das ist einfach nur fürchterlich, das gönne ich meinem ärgsten Feind nicht. Selbst wenn er ein latent großmannssüchtiger, chronisch fehlgeführter Verein mit Geldverbrennungsgarantie wie der HSV ist. Selbst dann nicht, auch wenn es schwerfällt und Dino echt nervt.
Insofern, für alle Fußballfans, die nicht gerade aus Nürnberg, Stuttgart, Braunschweig und meinetwegen auch Pauli kommen: Ruhig mal auf den eigenen Verein konzentrieren, dessen Erfolge feiern und die eigenen Misserfolge gemeinsam durchstehen. Und mich bitte an diese Aussage erinnern, wenn ich das nächste Mal dem HSV den Fahrstuhl wünsche.
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Sehr passend dazu der Kommentar von HSV-Fan Florian im Rautenradio auf http://rautenradio.de/podcast/rr086-tippspielabbruch/ Min. 30:
“…das, was ich gerade durchmache, würde ich auch meinem ärgsten Feind nicht wünschen. Ich habe seit 2000 eine Dauerkarte und Du gehst ja ins Stadion, um auch mal schlechte Spiele und Niederlagen zu sehen. Aber wenn die Existenz bedroht ist von dem was du meinst, was dein Fußballverein ist, geht mir das persönlich komplett an die Nieren.”