Gehören Fangesänge wie “Zieht den Bayern die Lederhosen aus” verboten?
Die Ränge des San Siro bleiben beim nächsten Heimspiel des AC Mailand mal wieder leer. Auch wenn es hier grundsätzlich nicht die Falschen trifft, ist die Begründung für die Anordnung eines “Geisterspiels” dieses Mal doch erstaunlich. Auf Deutschland übertragen wäre auch “Zieht den Bayern die Lederhosen aus” eine verbotene Diskriminierung. Wo ist die Grenze zwischen “okay” und “nicht okay” zu ziehen?
Territoriale Diskriminierung in der Serie A unter Strafe
“Wir sind keine Neapolitaner” sangen die Milan-Fans mehrfach am vergangenen Wochenende beim Spiel gegen Juve und wurden hierfür nun von der Federcalcio mit einer Platzsperre bestraft. Die Rechtsgrundlage hierfür findet sich in der Anti-Diskriminierungsrichtlinie des italienischen Fußballverbandes, die im Sommer erweitert worden ist. Danach kann “territoriale Diskriminierung” erst mit Kurvensperre (hatte Milan schon), dann mit Stadionsperre und schließlich mit einer 0:3 Niederlage bestraft werden.
Fangesänge in der Bundesliga
Würde es eine solche Regelung auch in Deutschland geben, müsste jeder Bundesligaverein nach einem Heimspiel gegen den FC Bayern vor leeren Rängen spielen. Denn in welchem Stadion wird nicht das bekannteste aller deutsche Schmählieder gesungen:
“Zieht den Bayern die Lederhosen aus, Lederhosen aus…”
Und auch
“Was ist grün und stinkt nach Fisch? Werder Bremen!”
oder
“Ihr seid nur ein Karnevalsverein!”
oder
“Kühe! Schweine! [kleinere, benachbarte Stadt einsetzen]!”
wäre als “territoriale Diskriminierung” einzustufen, die in Italien unter Strafe stünde.
Regionale Rivalitäten ja, Rassismus nein
Gegen solche Schmähungen, die auf regionale Besonderheiten abstellen, dürfte kaum jemand etwas einzuwenden haben. Genauso klar ist aber auch jede Art von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit abzulehnen. Bei allem Hohn über die überzogene italienische Regelung sollte man sich im Klaren sein, dass die Grenze zwischen “okay” und “nicht okay” nicht immer so leicht zu ziehen sein wird. Was ist zum Beispiel mit folgenden Fangesängen?
“Schwarze Füße, gelbe Zähne BVB!”
oder
“Arbeitslos und eine Flasche Bier – das ist S04.”
Adäquate Provokation in einem Fußballstadion oder schon unangemessene Beleidigung?
Napoli reagiert mit Selbstironie
In Italien hat man natürlich sehr wenig Verständnis für die verschärften Regeln des Fussballverbandes. Bei Schmähungen und Beschimpfungen werden sonst ganz andere Geschütze aufgefahren. Als Protest gegen den unerhörten Eingriff in die “Streitkultur” präsentierten die Ultras des SSC Neapel Spruchbänder mit Slogans, die sonst ihnen entgegengeworfen werden:
“Napoli Colera!”
und
“Forza Vesuvio, wasche sie mit Feuer!”
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Mich wundert es, dass hier nicht der “BVB – *****sohn” vorkommt Ich denke jedenfalls nicht, dass solche Fan-Gesänge verboten werden sollten. Mit Milan und der Serie A ist die Situation zumal noch eine andere, weil es hier des Öfteren ja schon rassistische Gesänge aufgetreten sind – vor allem in der kürzeren Vergangenheit. Das Spielen mit Klischees (die Lederhose) gehört für mich dazu, wie lokale/regionale Rivalität. Ich dachte es ginge auch weniger um Gesänge, als um rassistische Zwischenrufe “Scheiß **ger!” oder Ähnliches!?
In Italien geht es tatsächlich um jede Art von Gesang mit “territorialem” Bezug, so dass Lederhosen und andere regionale Besonderheiten schon unter das Verbot fallen. Ich denke auch, dass das etwas zu weit geht.