HSV-Mediendirektor Jörn Wolf: “Ich muss wissen, wie der neue Trainer denkt”

Thomas 25. September 2013
Interview

Jörn Wolf (im Bild links) erlebte als Mediendirektor des Hamburger SV turblente Tage: Nach der Trainer-Entlassung überstürzten sich die Schlagzeilen mit Gerüchten und Geschichten über eine angebliche HSV-Possse. Nun ist der neue Trainer Bert van Marwijk da und leitete heute das erste Training. Derweil berichtet Jörn Wolf exklusiv für die Stehplatzhelden über die Ereignisse hinter den Kulissen und verrät: Bei einem Titelgewinn räumt er seinen Stuhl freiwillig…

Herr Wolf, haben Sie per Zufall am Samstag-Abend holländisches Fernsehen geschaut?

Jörn Wolf: Als ich Samstagnacht nach Hause kam, lief nur noch das Testbild…

Schildern Sie bitte mal, wie man sich Ihre Arbeit in den letzten sieben Tagen vorstellen muss. Die Ereignisse überstürzen sich: Trainer-Entlassung, Gerüchte, Absagen, angebliche Gespräche, … Können Sie als Mediendirektor hier überhaupt noch die Kommunikation steuern?

Du musst in solchen Phasen eher aufpassen, dass du nicht direkt in den Wahnsinn steuerst. Das Drumherum zu beeinflussen, wird immer schwieriger. Da twittert ein Journalist, dass der Sportchef Oliver Kreuzer in die Schweiz fliegt, um sich mit Christian Gross zu treffen. Obwohl doch eigentlich schon alles so gut wie klar mit Bert van Marwijk ist. Zehn Minuten später liest du in einer Agentur-Meldung von einer neuen Posse beim HSV. In Wirklichkeit ist der Sportchef in die Schweiz geflogen, um von dort mit dem Mietwagen nach Karlsruhe zu fahren, um dort einen privaten Termin wahrzunehmen. Dass sich der Journalist eine Stunde später dafür entschuldigt, interessiert dann auch niemanden mehr. Die Geschichte ist ja schließlich in der Welt. Ein anderes Medium wusste ein paar Tage davor, dass Kreuzer wie ein Löwe um den Trainer Lothar Matthäus kämpft. Basierend auf Aussagen aus einem drei Jahre alten Interview. Wenn du dieser Tage überhaupt mal in den Schlaf findest, kann es passieren, dass du im Traum Gestalt von Rudi Gutendorf annimmst.

Rechnet man die zwei Interims-Engagements von Rodolfo E. Cardoso und das Spiel unter Frank Arnesen im Jahr 2011 raus, so wird van Marwijk der 10. Trainer in Ihrer Tätigkeit als Mediendirektor beim HSV. Herzliche Gratulation zum Jubiläum. Wissen Sie per Zufall, ob dies Bundesliga-Rekord ist für einen Mediendirektor?

Keine Ahnung. Aber kaum vorstellbar, dass einer der Kollegen über ein Jahrzehnt hinweg mehr Trainer erlebt hat. Zumindest haben wir Kontinuität auf der Position des Mediendirektors beim HSV. Das bringt nur leider keine Punkte. Bei einem Titelgewinn räume ich meinen Stuhl freiwillig, versprochen. Stand heute jedenfalls. Das sagt man ja so in dieser Branche – um morgen wieder was anderes erzählen zu können. Stand heute sitzt der Trainer fest im Sattel…

Nun starten Sie die Zusammenarbeit mit einem neuen Trainer. Wie bereiten Sie sich darauf vor? Nehmen Sie die Holländisch-Vokabeln wieder aus der Schublade, die Sie zuletzt bei Stevens oder Jol benutzt haben?

So weit kommt es noch. Die konnten ja alle Deutsch sprechen. Bert van Marwijk auch. Für mich ist es immer wichtig, schnell ein Gefühl für den Trainer zu entwickeln. Ich muss wissen, wie er denkt. Dann kann ich ihm auch bei der Formulierung helfen oder mal Worte für ihn finden.

Erlauben Sie uns bitte die Frage: Herr Kühne war ja in den letzten Tagen und Wochen sehr präsent in den Medien. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie den Schlagabtausch Kühne-Kreuzer lesen: Versuchen Sie hier einzugreifen und den Sportchef zu mässigen?

Ich erlaube die Frage – bloß nicht so zimperlich. Unabhängig von Herrn Kühne finde ich es bedenklich, wenn man sich über Menschen äußert, die man persönlich gar nicht kennt. Ich berichte höchstens von eigenen Eindrücken. Dass ein Oliver Kreuzer da nach gefühlten 184 Interviews, in denen er angegriffen wird, irgendwann mal zurückfeuert, kann ich durchaus nachvollziehen. Manchmal ist es schlichtweg unmöglich, Ruhe auszustrahlen oder über den Dingen zu stehen. Oder man ist Jupp Heynckes.

Dieses Interview wurde per Email geführt; Quelle Bilder: Screenshots HSV Total

pk

HSV-Mediendirektor Jörn Wolf (r.) mit dem neuen Trainer Bert van Marwijk