FOCUS Online titelte kürzlich “Chaos-Saison: 788 Verletzte bei Fußball-Randale”. Innenminister und Polizei fordern weitere Sicherheits- und Überwachungsmaßnahmen – Fan-Verbände halten dies für überzogen. Die Diskussion um neue Sicherheitsmaßnahmen im Stadion war das vorherrschende Thema der Fußballpolitik in der abgelaufenen Saison 2012/2013. Was ist dran, an der Gewalt-Hysterie?

2013 war ein schlimmes Jahr für den deutschen Fußball. Jedenfalls dann, wenn man der wie gewohnt tendenziösen Berichterstattung von FOCUS Online Glauben schenken würde, die am 22.05.2013 mit folgendem Aufreisser aufhorchen ließ:

FOCUS Online vom 22. Mai 2013

Wie vom FOCUS nicht anders zu erwarten, belegt der Artikel seine steile These nüchtern mit Fakten, Fakten, Fakten:

In der abgelaufenen Saison gab es in den beiden Fußball-Bundesligen bei gewalttätigen Auseinandersetzungen 788 Verletzte, 242 davon waren Polizisten. Das gab der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), Boris Pistorius (SPD), in einem Interview mit der „Welt“ an und nannte diese neuen Zahlen „alarmierend“.

Angst vorm Stadionbesuch?

Wer in der letzten Zeit Bundesliga-Spiele im Stadion verfolgt hat, dürfte sich über die ganze Hysterie durchaus wundern. In den modernen, durchgestylten “Arenen” fühlt man sich doch eher wie in einem beschaulichen Freizeitpark für Kinder als in irgendeinem Gefahrengebiet.

Aber nicht nur dieses Bauchgefühl widerlegt die aufgebrachte Hysterie. Schaut man sich die von Innenminister Pistorius genannten Zahlen einmal genauer an, verlieren diese schnell ihren Schrecken:

1,3 Verletzte pro Spiel gegenüber 27 pro Oktoberfesttag

Die 788 Verletzten gab es innerhalb eines Jahres bei allen Spielen der 1. und 2. Bundesliga – sprich bei 612 Großveranstaltungen. Das sind im Schnitt 1,3 Verletzte pro Spiel. Alarmierend? Wohl kaum. Bei Veranstaltungen, zu denen tausende Menschen zusammenkommen, sind Verletzungen leider immer mit dabei.

Nur einmal zum Vergleich: Laut Abschlussbericht des Polizeipräsidiums München gab es 2012 beim Müncher Oktoberfest 439 Anzeigen wegen Körperletzung. Das ergibt bei 16 Veranstaltungstagen einen Schnitt von 27. Hat der FOCUS da auch über eine “Chaos-Wiesn” berichtet?

Stadiongewalt ist 80er

Noch stärker fällt das Kopfschütteln über die aktuelle Gewalthysterie bei denjenigen aus, die bereits in den 70er, 80er, aber auch noch in den 90er Jahren deutsche Stadien besucht haben. Rechte Knallköpfe waren keine Seltenheit und auch dieser fast noch niedliche HSV-Haudegen lässt eine deutlich rauhere Atmosphäre erahnen:

“100 Verletzte? Das ist doch nööchts!”

Komm ins Stadion! Hier bist Du sicher

Die passende Pointe zu sämtlichen Statistiken über Gewalt beim Fussball liefert dieses Video des FC St. Pauli. Darin heisst es abschließend:

“Vielmehr wünschen wir uns zum Thema Stadionsicherheit eine offene und sachlich geführte Diskussion ohne Polemik.”

Amen.