Sternstunde des deutschen Fußballs – ein Rückblick auf das Finale
Was für ein Abend! Was für ein Finale! Was für ein Törchen in der 89. Minute! Was für ein Stadion! Es war eine Sternstunde, über die wir noch in 50 Jahren unseren Urenkel-Kinder erzählen werden. Die Stehplatzhelden sind noch immer im Rausch – ein Potpourri aus Erinnerungen, Eindrücken und Zitaten über das Spiel der Spiele, das Finale der Champions League 2013 zwischen Bayern und Dortmund.
Vor wenigen Wochen im National Football Museum in Manchester: An der Wand entdecken wir ein Zitat von einem der Größten überhaupt:
Zwei Tage später dann besuchen die Stehplatzhelden mit offenen Münder den Tempel in Nord-London. Es ist einfach ein Prachtsbau, es ist die Perfektion eines Fußball-Stadions. Es ist großartig. Es ist geil.
Und nun wurde Wembley gestern gefüllt: Rot und gelb. Mit vielen Fahnen und lauten Gesängen. Und mit zwei Mannschaften, die sich ein Spiel boten, das auf sehr hohem Niveau war. Da war viel Tempo und Eleganz drin, aber auch Risiko und Kampf. Und ein entscheidendes Törchen kurz vor Schluss. Fazit: Großartig.
Wir sammeln Eindrücke:
Manuel Neuer platzt vor Stolz: “Das ist ein überragendes Gefühl. Nach dem 1:1 ist mir aber der Arsch auf Grundeis gegangen.” Die Spielverlagerung analysiert: “Zum Schluss war der Zeitpunkt des Tores etwas tragisch. Das mögliche Spektakel einer längeren Dortmunder Aufholjagd wurde ebenso verhindert wie eine potentiell grandiose Verlängerung. Von jetzt auf gleich hatte Bayern das gut gefüllte Fass versiegelt und weggepackt.” Die 11 Freunde sticheln: “Unsere Gedanken sind natürlich auch bei Uli Hoeneß. Während die anderen morgen früh ihren Rausch ausschlafen, wird er weinend in seinem leeren Swimming Pool sitzen und das Börsen-Mosaik wegmeißeln. Zuerst den Bären. Dann den Bullen.” Die BILD-Zeitung heimat-verbunden und poetisch: “Grüß Pott! Das Ding ist jetzt ein Bayer!” Und BLICK verfolgt ganz aufmerksam die Eidgenossen im Stadion: “Xherdan Shaqiri sitzt im Champions-League-Final zwar 90 Minuten auf der Ersatzbank. Doch nach dem Schlusspfiff fallen beim Schweizer Nati-Star alle Hemmungen. Der Kraftwürfel feiert an vordester Front mit. Shaq herzt seine Mitspieler und stemmt stolz den Henkelpokal in den Londoner Nachthimmel. Immer dabei: Die Schweiz- und Kosovo-Flagge.” Die Süddeutsche Zeitung auch im Moment des Feierns ganz nüchtern: “Die Fallhöhe nach zwei verlorenen Endspielen in drei Jahren war einfach enorm. Unvorstellbar, wäre das nun wieder schief gegangen. Und es hätte durchaus schief gehen können, die Dortmunder waren ein würdiger, ein lange Zeit ebenbürtiger Gegner, der dieses Finale durchaus hätte gewinnen können.” Und zum Schluss noch die Einleitung vom The Guardian: “It was a night of outstanding drama, fully reaffirming all the eulogies about German football, and when it was all done Bayern Munich had won their fifth European Cup and we were reminded what a brutal business football can be when it comes to making losers of heroes.”
Wir sagen vielen Dank, Fußball.
Eine Aspekt kommt mir bei der ganzen Berichterstattung rund um das Champions League Finale zu kurz: die Münchner Schönwetterfans.
Auf einmal haben Arjen Robben alle lieb und liegen ihm zu Füßen. Als hätte es das gegen Holland in München nie gegeben, bei dem die eigenen Fans (!) Robben bei seinem fünfzehnminütigen Einsatz gellend auspfiffen, weil sie das verpatzte Final gegen Chelsea einzig und allein an seiner Person festmachten. Wer das Ganze schon vergessen hat, kann es sich hier bei Spiegel Online in Erinnerung rufen: http://www.spiegel.de/sport/fussball/bayern-muenchen-siegt-im-testspiel-gegen-die-niederlande-a-834678.html
Oder sich bei Youtube die Pfiffe noch mal anhören: http://www.youtube.com/watch?v=igxwRJKLE2Y
Und dass der Stachel bei Robben tief saß, deckte seine Reaktion unmittelbar nach seinem Tor zum 2:1 auf: Nachdem er sich an die Außenlinie von seinen Mitspielern feiern ließ, rannte er vor der Münchner Fankurve entlang, ruderte auffordernd mit den Armen und schrie den Fans mehrmals “Was?! Was?!” entgegen. Wer kann es dem Holländer verübeln, dass er so emotional reagierte. Vielmehr muss man über seine Reaktion dankbar sein, deckt sie doch die Heuchelei des Münchner Publikums schonungslos auf.
Stimmt, das war schlimm letztes Jahr. Robben nahm den Elfmeter in der Verlängerung, verschoß und wurde dafür ausgepfiffen. Merkwürdige Fans.
Auch wenn das jetzt knapp ein Jahr her ist. Da ich gerade auf der Seite war, äußer ich mich mal als “Betroffener”.
Die Bayernfans haben Robben im Finale gegen Chelsea sogar direkt nach dem verschossenen Elfmeter bei der nächsten Ecke gefeiert.
Das was im Freundschaftsspiel abging, hatte mit den wahren Bayernfans wenig zu tun. Das war das Eventpublikum, das leider auch oft in der Allianz Arena auftaucht.
Ist aber kein Münchner Problem. Beim BVB gab es ja dieses Jahr beim Spiel gegen Petersburg auch Verstimmungen.
Sportliche Grüße!