Filmkritik “66/67 – Fairplay war gestern”: Von Hooligans und Liebeskummer

Tim 7. Februar 2013

Der Filmtitel 66/67 ruft wohl nur bei wenigen Fußballfans Assoziationen hervor. Es sei denn, sie fiebern mit Eintracht Braunschweig. Denn in der Saison wurde der Turn- und Sportverein zur Überraschung vieler das erste und einzige Mal Deutscher Meister.

Liebeskummer, berufliche Orientierungslosigkeit, Bindungsangst

Im Film selber gibt das Meisterschaftsjahr sowie der Fußball insgesamt allerdings nur den Rahmen vor. Eine kleine Gruppe Braunschweiger Hooligans (selbstgewählter Name: 66/67) ringt mit ihrem Schicksal des stetigen Mitgliederschwunds. Außerdem hat jeder der Mitstreiter privat seine ganz eigenen Probleme: Liebeskummer, berufliche Orientierungslosigkeit, Bindungsangst.

Das alles spielt vor der Kulisse namenloser Nachkriegsbauten. Braunschweig wird kühl und abweisend dargestellt – die schönen Ecken der Stadt Heinrichs des Löwens werden kaum gezeigt. Den Regisseuren Carsten Ludwig und Jan-Christoph Glaser gelingt es so, eine fahle Stimmung zu erzeugen, die die Perspektivlosigkeit der Clique widerspiegelt. Während sich um sie herum die Welt weiterdreht, fällt es ihnen schwer, ihre Vergangenheit als Schläger hinter sich zu lassen und “erwachsen” zu werden. Ist doch der Zusammenhalt in der Gruppe das, was ihren instabilen Persönlichkeiten Halt gibt.

Wenig glaubwürdige Hooliganszenen in “66/67″

Ähnlich dunkle Stimmungsbilder kennt man aus Britischen Hooliganverfilmungen wie beispielsweise “Awaydays”. Hier versuchen ein paar Jungs vor dem Hintergrund trister Liverpooler Vororte ebenfalls durch Prügeleien mit anderen Fangruppierungen aus ihrem drögen Alltag auszubrechen. Doch was “Awaydays” und andere Britische Filme von “66/67″ unterscheidet, ist die Glaubwürdigkeit der Fan-Szenen – seien sie im Stadion oder während der “dritten Halbzeit”. Gelingt in Englischen Streifen meist eine recht authentisch wirkende Darstellung, so wirken sie in Deutschen Fußballverfilmungen oft hölzern, teils gekünstelt. In “66/67 – Fairplay war gestern” wird dies insbesondere in der Anfangsszene deutlich, in der der Überfall einiger Braunschweiger auf eine VFL-Wolfsburg-Fankneipe eher wie ein Dummerjungenstreich daherkommt.

Alles in allem bleibt festzuhalten, dass “66/67 – Fairplay war gestern” ein sympathischer Film ist, der aber sicher nicht zu den ganz großen im Genre des Fußballfilms gehört. Wer aber weniger an den äußeren, sondern den inneren Kämpfen von Stadionschlägern interessiert ist, wird “66/67″ einiges abgewinnen können.

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Trailer “66/67 – Fairplay war gestern”: