Eskalation in Düsseldorf bei Relegation: Fußballplatzpflegefälle
Es ist manchmal auch an der Zeit, mit dem nötigen Ernst an die schönste Nebensache der Welt zu gehen. Denn was sich gestern in der Esprit-Arena abgespielt hat, ist mit den Adjektiven dämlich und bedenklich noch einigermaßen konziliant gefasst.
Nun wird es in den nächsten Tagen und Wochen sicherlich zu einer neuen, wahrscheinlich wie üblich größtenteils reaktionären und wenig konstruktiven Sicherheitsdebatte kommen, die sich in von offizieller Seite aus in die üblichen Worthülsen kleidet (siehe zum Beispiel die heutige Presseerklärung von DFB und DFL ). Und ein Stück weit muss es die auch geben angesichts der Pyromanie und Gewaltbereitschaft bestimmter fußballaffiner Personengruppen (die hier bewusst nicht mit dem Begriff Fan beschrieben werden).
Noch mehr muss es diese Diskussion geben, da die wirklich erschreckenden Szenen die an sich friedlichsten des Abends waren.Wie es passieren konnte, dass Hunderte Fans (und hier muss leider davon ausgegangen werden, dass die Personen mit Fans richtig umschrieben sind, da zieht also das Hooligans-sind-keine-echten-Fans-Argument nicht wirklich) innerhalb der Spielzeit das Feld stürmten, ist einigermaßen rätselhaft und kann auch durch die notwendige Konzentration der Polizeikräfte auf den Berliner Fanblock nur unzureichend erklärt werden. Zuletzt ist eine Diskussion aber auch schlicht notwendig, da es um den Schutz der zentralen Akteure geht, und das geht weit über die Spieler hinaus. Wie in zahlreichen Pressestimmen (siehe zum Beispiel den heutigen Stern) zurecht hervorgehoben wird, hat der (vom Autor dieser Zeilen normalerweise wahrlich nicht sonderlich geschätzte) Schiedsrichter Wolfgang Stark die Situation in so ziemlich jedem Aspekt und zu so ziemlich jedem Zeitpunkt richtig bewertet und behandelt. Und dadurch höchstwahrscheinlich verhindert, dass die prekäre Situation eskaliert und es zu einer wirklich dramatischen Situation kommt. Aber: Selbst mit Unterstützung von polizeilichen Einsatzkräften und DFL/DFB-Funktionären ist es einem FUSSBALLschiedsrichter schlicht nicht zuzumuten, solche Entscheidungen treffen zu müssen. Foul, Abseits, Tor? Natürlich. Deeskalation von Massenphänomen? Sicherlich nicht.
Es scheint inzwischen zum guten Ton zu gehören, dass man bei dem kleinsten anzunehmenden Erfolg der eigenen Mannschaft als Zuschauer gleich das Spielfeld stürmt.
Bei Borussia Dortmund nach dem Gewinn der Meisterschaft noch in Ansätzen zu erklären, so ist die eventuell Rückkehr ins Oberhaus der Fortuna nun wahrlich kein Meilenstein in der sportlichen Leistungsgesellschaft. Erst recht nicht für eine reiche Stadt wie Düsseldorf, dessen “Vorzeigeclub” es 15 Jahre lang geschafft hat, dem Erzrivalen 1.FC Köln in puncto Dilettantismus zu überbieten und trotz bester wirtschaftlicher Voraussetzungen für eine halbe Ewigkeit in der Versenkung zu verschwinden.
Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? Wie hat sich dieses “Gott gegebene Recht”, diese Selbstverständnis in den Hundehirnen leider immer mehr Stadionbesucher festgesetzt? Frei nach dem Motto: “Hey, ich habe Eintritt bezahlt, also darf ich auch meinen Rasen betreten.”
An sich bin ich niemand, der immer gleich nach der Exekutive ruft. Doch in diesem Fall kann man an Gesellschaftliches Engagement nicht mehr appellieren, wer sollte denn auch die hunderte von Personen aufhalten? Insofern führt wohl kein Weg an drakonischen Strafen vorbei, Strafen mit Symbolkraft. Ich persönlich hoffe, dass das Relegationsrückspiel noch mal angesetzt wird, damit sich jeder “Fan”, der da auf’s Spielfeld gelaufen ist, über seine eigene Dämlichkeit ärgert. Und da der Gegner Hertha ist, will dieser Wunsch wirklich was heißen.