Scheiß Millionäre! Über Neid und Missgunst in Fußball-Deutschland
Die Belagerung des Mannschaftsbusses ist inzwischen zu einem beliebten Ritual geworden, wenn die eigene Mannschaft mal wieder in Richtung Abstieg schlittert. Die Spieler müssen vor den Fans Rechenschaft ablegen. Tenor: Die “scheiß Millionäre” haben nicht genug “gekämpft”.
Straftraining! Am besten von früh bis spät
Aktuelles Beispiel: Nach der deftigen Heimniederlage gegen Hoffenheim letzten Samstag hatten die Spieler des HSV zwei Tage frei bekommen. Gestern berichtete BILD empört, dass Dennis Aogo und Tomas Rincon die beiden Tage auf Mallorca verbracht haben, wohl aufgrund einer privaten Einladung. Die große Mehrheit der Leserschaft hätte 8 Stunden Konditionstraining täglich sicher besser gefunden.
Würde ein Fan ein Profigehalt ablehnen?
Natürlich sind hohe Niederlagen gegen unbeliebte Clubs wie Hoffenheim (HSV) und Wolfsburg (Schalke) sehr enttäuschend und natürlich verdienen Fußballprofis absurde Gehälter. Aber sind diese Unsummen im Fußball die Schuld der Spieler? Und glaubt wirklich irgendjemand, dass Profis sich zu wenig anstrengen und Straftraining und Hausarrest zu mehr Leistung verhelfen würden?
Neid und Missgunst
Nein, die Motivation hinter der ganzen Aufregung dürfte letztendlich auf schnöden Neid zurückzuführen sein. Ganz vorne dabei natürlich die BILD-Zeitung, als ewiger Vorreiter beim Ergötzen am Unglück A- bis C-Prominenter. Auch wenn man den Stempel “Typisch deutsch” vorsichtig verwenden sollte: Die Missgunst gegenüber erfolgreichen Ideen und Personen findet man nirgens so stark wie in Deutschland.
Marius Ebbers stellt Meckerer auf die Probe
In jedem Fall darf das ständige Gemeckere gegen die “scheiß Millionäre” häufiger mal hinterfragt werden, wie kürzlich durch Marius Ebbers, der alle eingeladen hat, den Ball, den angeblich jedermanns Oma gemacht hätte, selbst zu versuchen, im Tor unterzubringen. Wer trifft bekommt 50 Euro von Ebbers, für jeden Fehlversuch sind 25 Euro an Viva con Agua zu zahlen. Schöne Aktion.
Wie die Systemmedien ! Die Meinung steht schon vorher fest. Was machen denn wir normalen Malocher den ganzen Tag ? Der eine Malocher kann Heizungen aller Art reparieren und erhält neun Euro die Stunde. Der andere Malocher baut das Haus für 14 Euro auf und hat seine Knochen mit 40 im Arsch. Als Dank dafür sagt die Uschi “Können ja als Verkäufer umschulen”. Genau, Verkäufer gibt es kaum noch. Meist 400 Euro Kräfte. Und wenn erhalten die Damen in vielen Gegenden sechs Euro und die Herren etwas mehr.
Unzählig geht es weiter. Der Fussballer hat kein Leben bla bla bla. Kein Jugend usw.. Mit 35 ist der im Arsch.
Der normale Handwerker geht mit 15/16 von der Schule in das Berufsgrundbildungsjahr oder direkt in die Ausbildung. In der Lehre wird schon geknüppelt. Danach acht Stunden am Tag und fünf bis sechs Tage die Woche.
Fussballspieler trainieren keine acht Stunden am Tag. Training ist Ringelpietz mit anfassen. Der Spiel ein schon netter Dauerlauf mit Sprints. 10 Kilometer.
Ja, wat denn ? Der Malocher fährt mit dem Rad zur Maloche und mal eben zehn Kilometer am Morgen und am Abend. Andere laufen Kilometer zu den Haltestellen. Bei der Arbeit heben Verkäuferinnen, Lageristen, Maurer und Elektriker in Rohbauten und auf Schiffen Tonnen am Tag.
Viele Fussballspieler wären ohne ihr oftmals einziges Talent Hartz IV Empfänger. Die kriegen zudem alles vorgesetzt. Auto, Klamotten, Unterkunft (auch an ihrem Stammspielort, also Verein wo sie spielen), Essen usw..
Mancher Malocher muss sich gar seine Arbeitskleidung selber kaufen.
Die Spieler machen sich ihre Schnürsenkel kaputt und bekommen andere Schuhe. Welch ein Luxus !
Das Verhältnis stimmt im Fussball nicht mehr. Die Gehälter sind völlig überzogen. Und es geht schon lange nicht mehr um den Fussball. Es geht um das Kapital. Die Spieler kann das Kapital hoch entlohnen. Alles andere ausser den Geschäftsführern und Vorständen bekommt normale Gehälter. Es arbeiten unbezahlte Callcenter Mitarbeiter ausgelagert für die Vereine im Eintrittskartenverkauf. 3,50 Euro plus Prämie. Die Mitarbeiter in den Fanshops sind oft Aushilfen. Die Stammkräfte unterbezahlt.
Ein einfacher Klempner mit neuen Euro in der Stunde hat wesentlich mehr Verantwortung als ein Robben, Lewandowski oder wer auch immer von diesen Herren. Schliesst der Klempner die Heizung falsch an, also das Gas und das Haus brennt ab, ist er haftbar. Steigt der Fussballer mit “seinem” Verein ab, so hat sein Berater schon den Vertrag mit dem Erstligisten in der Tasche. Machen die Maurer einer Baufirma Fehler beim Bau und der Bauherr verlangt teuere Garantiearbeiten, so werden die Maurer schnell entlassen. In der Bundesliga bauen die Scheisse und wechseln den Verein oder bekommen “nur” Zweitligagehalt.
Das hat aber auch rein gar nichts mit falschem Neid zu schaffen. Ausserdem machen wir es freiwillig. Wir stehen jeden zweiten Samstag in der Kurve und feuern die Millionäre an. Doch schon alleine aufgrund eines solchen Artikel sollten es die einfachen Malocher mal sein lassen. Dann wären in Dortmund und Schalke zehntausende Anhänger weniger im Stadion, die Stimmung dahin und die “Eventfans” bleiben zu Hause.
Jeder von uns gönnt den Spielern ihr Auskommen. Nur nicht diese Millionenbeträge. Der kleinste Bundesligaspieler verdient in einem Monat mehr, als wir im Jahr bekommen. 40.000 Euro. Unter dem geht keiner mehr nach Hause. Im Monat. Und die anderen Ligen sind auch nicht besser. Bis zur 4.Liga wird richtig Kohle verdient. Dann verbreitet man das Märchen dass in der 3.Liga die Spieler nur 1500 Euro erhalten. Ja, das ist nur die halbe Wahrheit. Prämien und Kilometergeld. Dann sind die auch schon über dem Gehalt eines Malochers. Zudem nur die kleinen Spieler 1500 Euro erhalten und zumeist noch halbtags arbeiten oder ihre Schule weitermachen. Ist Stress sagt ihr wieder. Klar, den haben wir Malocher in unseren Nebentätigkeiten auch. 400 Euro nebenbei. Selbst bei 8 Euro (die kaum eine Aushilfe bekommt) komme ich auf 50 Stunden zusätzlich im Monat. Rechnen wir mal bei den unteren Ligen fünf Trainingseinheiten in der Woche a zwei Stunden. 10 und im Schnitt 43,33 im Monat plus das Spiel. Nur trainingsfreie / fussballfreie Zeit. Die, die auf Vollzeit sind, trainieren zweimal am Tag und kommen auf 86 Stunden im Monat durchschnittlich.
Fussballprofis trainieren nie mehr als vier Stunden am Tag. Die haben sehr viel Leerlauf. Sie müssen nur das eine, den Fussball machen. Bei Verletzungen werden sie grosszügig behandelt und kommen auch nach einem Jahr wieder zurück. Andere werden Fussballinvaliden und erhalten nette Renten. Der Malocher ist bei einer Nicht-Arbeitsunfall Verletzung meist raus. Und wenn er nicht entlassen wird (bei Krankheit wird heute auch entlassen, wenn zu erwarten ist, dass der Arbeitnehmer nicht wieder kommt, oder einfach wenn er einen Tag wieder am malochen war) gibt es 1,5 Jahre Krankengeld, dann noch Arbeitslosengeld für ein halbes Jahr und das wars. Dann gibt es Onkel Hartz IV. Die Versicherungsträger Rente oder BG lehnen gerne ab. Drei bis vier Jahre dauern die Prozesse und der Mensch ist bis dahin kaputt und fertig mit den Nerven.
Aber verbreitet ihr man weiter die systemkonforme Meinung, dass es nur Neid und Missgunst ist.