Von blühenden Landschaften und Unschlagbarkeit: Momentaufnahmen sind keine Jahrestrends
Er hat es schon 1990 gewusst, der Kaiser Franz, die Lichtgestalt. Nachdem die von ihm betreute Nationalmannschaft die Weltmeisterschaft gewonnen hatte, verabschiedete er sich mit folgendem Worten von seinem Amt als Teamchef:
Es tut mir leid für den Rest der Welt: Aber wenn jetzt noch die Spieler aus dem Osten Deutschlands hinzukommen, sind wir auf Jahre hinaus unschlagbar.
Neben Kaiser, nein, Kanzler Kohls folgenschweren Worten von den “blühenden Landschaften” dürfte diese Einlassung wohl zu den spektakulärsten Fehleinschätzungen der 1990er Jahre gehören, wie sich in den folgenden Jahren immer mehr zeigte. Auch wenn sich der Franz freilich gar nicht irren kann. Denn eigentlich hat er sehr recht gehabt mit seiner (Fehl-)einschätzung: Sie kann sehr gut als mahnendes Beispiel für allzu hastige Triumpfgesten gelten nach einer triumphalen Woche für den deutschen Fußball, oder besser für zwei seiner am üppigsten alimentierten Vereinsvertreter. Zwischenstand 8-1 gegen spanische Mannschaften der absoluten Spitzenklasse in der Champions League, aberwitzige Transfereinnahmen auf der einen und dafür ein hochkarätiger Neueinkauf auf der anderen Seite, und dann gewinnt der FC B-Mannschaft auch noch sein Bundesligaspiel ebenso wie der BV B-Mannschaft, quasi im Vorbeigehen.
Und dennoch: Es gibt keinerlei Gründe, die jüngsten Triumphe überzubewerten oder triumphalistisch von einer neuen deutschen Ära oder gar dem Ende der spanischen oder englischen Vorherrschaft im Vereinsfußball zu sprechen. Dazu ist noch viel zu wenig passiert und vor allen Dingen bestätigt worden. Der erste Teil der Bestätigung ist am Dienstag und Mittwoch zu erledigen (wo die Chancen ja wirklich gut stehen), und dann kann man sich zunächst einmal über ein sehr spezielles Finale freuen. Nicht mehr, nicht weniger. Und die Nationalmannschaft ist eh komplett getrennt zu betrachten.
Die eigentliche Prüfung steht dann aber in den nächsten Jahren an, und dann kann der geneigte Fan irgendwann vielleicht mal von einer Wachablösung sprechen. Bis dahin sind die sprichwörtlichen Bälle vielleicht aber eher flach zu halten. Dann ist Fußballdeutschland hinterher auch nicht gar so enttäuscht, wenn die Spitzenclubs gegen die europäischen (Ko-)Giganten mal weniger als vier Tore schießen sollten. Oder wenn ein gewisser Herr Conceição der Nationalmannschaft drei Tore einschenkt und die ganze Nation sich nicht entscheiden kann, ob nun der Fußball oder des Co-Trainers Sakko schlimmer anzuschauen waren. Und nicht versteht, wie man auf Jahre hinaus so schlagbar geworden ist.
Aber dennoch, irgendwie warte ich nur auf den folgenden Kommentar aus München, der dann sinngemäß auch gleich für die deutsche Nationalmannschaft übernommen wird:
Es tut mir leid für den Rest der Welt: Aber wenn jetzt noch die Spieler aus dem Westen Deutschlands hinzukommen, sind wir auf Jahre hinaus unschlagbar.
Das könnte teuer werden für die EM im eigenen Kontinent oder die WM in Qatar. Herr Conceição Junior wäre dann übrigens Anfang 20. Nur so nebenbei.
Kaum zu fasen, dass sich ausgerechnet der Kaiser so irren konnte. Ein Sache, die er dabei wohl unterschätzt hat, waren die Eingewöhnungsschwierigkeiten der damals besten Ostkicker in den kommerziellen Profifußball des Westens. Aber davon mal abgesehen, sollte man Superlativen dieser Art ohnehin vorsichtiger umgehen.