Bullshit-Statistik der Woche: Die Liga und ihre Trainerwechsel

Flo 29. September 2014

508 Minuten hat die Saisonstart-Torflaute des Hamburger Spiel- und Spaßvereins gedauert. Historisch, Bochum aus den späten 1970er Jahren ist abgelöst. Daniel Schwaab hat nach 134 Spielen in der Bundesliga sein erstes Tor erzielt. Rekord, so viele Bundesligaspiele ohne Torerfolg hat noch kein Feldspieler absolviert. Statistiken dieser Art können einem den Fußball erklären. Bullshit, meistens handelt es sich dabei schlicht um Lückenbüßerinformation aus der Ran- oder Sky-Redaktion, damit der Kommentator durchsabbeln und die DPA-Artikel schön schnell mit einem Aufhänger versehen werden können.

Aber das muss einen ja nicht davon abhalten, selber mal auf Datennerd zu machen. Was nun folgt ist der ultimative Beweis, dass der HSV zwar derzeit seine Trainer öfter wechselt als andere Vereine (bzw. der HSV höchstselbst) ihre Sportdirektoren, aber deswegen noch lange nicht das historische Trainerkarussell der Bundesliga ist. Überraschenderweise ist der HSV noch nicht einmal der Verein, der in den letzten Jahren die Frequenz der Freistellungen relativ zur eigenen Vereinsgeschichte am stärksten angezogen hat. Zumindest noch nicht.

Die Methode ist dabei so schlicht wie zweifelhaft: In einer Statistik, die in der jeweiligen Trainerhistorie aller aktuellen 18 Erstligavereine seit dem Startschuss der Bundesliga am 01.07.1963 (Quelle: weltfussball.de) die Anzahl der Trainer (inklusive Interim) darstellt, wird der Mittelwert ermittelt. Mittelwert bedeutet hier das Jahr in der Zeitleiste, in dem der Trainer, der genau in der Mitte zwischen dem ersten und dem letzten Trainer sein Glück versucht hat, tätig war. Beispiel: Der FC Augsburg hatte seit 1963 exakt 33 Trainer, und Trainer Nr. 17 (wer kennt nicht Heinz Elzner) trat sein Amt im Jahre 1980 an. Bei einer geraden Anzahl an Trainern stellt das Jahr, in dem der letzte Trainer vor der Mitte das Zepter an den ersten Trainer nach der Mitte überreichte, den Mittelwert da. Beispiel: Mainz 05 hatte 34 Trainer, Trainer Nr. 17, Josip Kuze (wer?) wurde 1994 von Trainer Nr. 18 Hermann Hummels (wer? 2.0) abgelöst.

Klingt kompliziert? Ist es auch. Und rein methodisch sicherlich mehr als löchrig, aber das bedeutet ja (siehe Sky und Konsorten) nicht, dass man damit nicht dennoch hausieren gehen kann. Man hat sich ja schließlich all die Arbeit gemacht. Werfen wir also einen Blick auf die Ergebnisse:

Tabellenplatz
Verein
Anzahl Trainer
Mittelwert

1.
Mönchengladbach
25
1999

2.
Hamburger SV
37
1997

3.
Bayer 04 Leverkusen
33
1995

4.
VfL Wolfsburg
31
1995

5.
Bayern München
25
1995

6.
FC Köln
43
1994

7.
Mainz 05
34
1994

8.
Eintracht Frankfurt
40
1991

8.
Hertha BSC
40
1991

10.
VfB Stuttgart
42
1990

11.
Schalke 04
49
1990

12.
Hannover 96
49
1989

13.
Borussia Dortmund
40
1983

14.
Augsburg
33
1980

15.
Werder Bremen
26
1978

Außer Konkurrenz:

Verein
Anzahl Trainer
Mittelwert
Grund

1899 Hoffenheim
10
2011
(Daten erst ab 2002)

SC Paderborn
17
2006
(Daten erst ab 1980)

SC Freiburg
23
1986
(Daten erst ab 1972)

 

Die Erkenntnisse:

– Relativ zur Gesamthistorie ist Borussia Mönchengladbach der einzige Verein, der seine Trainer in den letzten Jahren noch häufiger gewechselt hat als der HSV; mit 25 Trainern ist der Verein aber gleichzeitig auch am wenigsten gewillt, Abfindungen zu zahlen (also praktisch der Anti-HSV)

– Hannover 96 und Schalke 04 sind mit 49 Cheftrainern die absoluten Trainerfresser der Bundesligageschichte, scheinen aber in den letzten Jahren etwas mehr auf Konsistenz gesetzt zu haben, wenn man bedenkt, dass sie mit Platz 11 und 12 eher hinten im Klassement landen

– Die Ägiden von König Otto und Thomas Schaaf haben sich ausgezahlt, mit 1978 belegt Werder Bremen den absoluten Spitzenrang (und findet sich somit am Ende dieser unrühmlichen Tabelle wieder)

Soweit für heute. Und als Rausschmeißer noch die Erkenntnis, das Josef “Versicherungs-Joe” Zinnbauer in der Historie des HSV der einzige Trainer ist, der noch nie gewonnen hat (was selbst der Oenning geschafft hat). Riecht nach Trennung…